Kommentar zu Bürgerinitiativen: Wenn schon spalten, dann richtig
Kontroversen austragen ist gut. Nur stehenbleiben darf man dabei nicht.
D ie Geschichte der Linken ist eine Geschichte der Spaltung – und die der Berliner Bürgerinitiativen nicht weniger. Trotz erfolgreichen Volksbegehrens zerfiel der Wassertisch in zwei Hälften, die Gegner der Spreeufer-Betonierung splitteten sich in Realos und Radikalos. Und die ebenfalls außerparlamentarisch bewegte Berliner WASG brachte es vor Jahren sogar auf sechs Zerfallsprodukte.
Dass die Streiter für ein unbebautes Tempelhofer Feld dem jetzt nacheifern, überrascht also nicht wirklich. War das Bündnis doch denkbar heterogen: Vom autonomen Zaungegner bis zum Flughafen-Fan, der die Fläche gleich als Weltkulturerbe konservieren will. Erstaunlich nur, wie früh der Bruch kommt.
Hilfreich ist das für die Ziele der Initiative auf den ersten Blick nicht. Innere Grabenkämpfe sind wenig zielführend, verprellen Mitstreiter, verknäulen Botschaften. Und was ist bequemer für die Exekutive als der Hinweis, dass nicht mal die Oppositionellen wissen, was sie wollen?
Dabei ist gegen Spaltung grundsätzlich nichts einzuwenden. Kontroversen austragen statt wegbügeln, um die richtige Strategie streiten und Grenzen festlegen, wofür man eben nicht eintreten will – das ist Basisdemokratie. Und erzeugt die intellektuelle Dynamik sowie die Visionen, die im Exekutivbetrieb oft nicht mehr angestrengt werden. Nur stehen bleiben darf man dabei nicht.
Die Anti-Atom-Bewegung hat gezeigt, wie’s geht: Da machten friedliebende Protestsong-Trällerer, die nie „schottern“ würden, gemeinsame Sache mit Schotterern, die nie trällern würden. So forcierten sie den Atomausstieg, den größten außerparlamentarischen Erfolg seit Jahren. Davon dürfen die Berliner ruhig lernen: Differenzen akzeptieren, vielleicht getrennte Wege gehen – aber nicht ohne das gemeinsame Ziel aus den Augen zu verlieren.
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