Kommentar "Zirkuläre Migration": Gastarbeit kann Sinn machen
Die Saisonarbeiter und andere Einwanderer auf Zeit bieten eine Chance für das alternde Deutschland. Es spricht viel dafür, auch Menschen aus Afrika anzuwerben.
Zirkuläre Migration" ist in Europa längst Realität. Allein in Deutschland gibt es Zehntausende von Saisonarbeitern, die jedes Jahr für ein paar Monate aus dem Ausland als Spargelstecher nach Brandenburg oder zur Weinlese nach Süddeutschland kommen.
Andere arbeiten als Haushaltshilfen oder im Pflegebereich. Hinzu kommen Hunderttausende von Illegalen, die sich in Italien und Spanien für ein paar Jahre auf den Feldern verdingen.
Es spricht viel dafür, diese realen Wanderungsbewegungen als Chance – statt als Bedrohung – für die alternden Gesellschaften Europas zu begreifen. Dazu gehörte, endlich die rechtlichen Rahmenbedingungen auf sie abzustimmen.
ist Korrespondent der taz im Hauptstadtbüro.
Noch besser wäre es, dabei die Zukunft der Herkunftsländer nicht aus dem Blick zu verlieren und auch an jene Staaten zu denken, die außerhalb Europas liegen. Schließlich stammen von dort die vielen Unglücklichen, die auf der Suche nach einem besseren Leben im Mittelmeer ertrinken. Insofern ist der vorsichtigen Empfehlung von Experten, gezielte Pilotprojekte zur Förderung einer "zirkulären Migration" zu starten, unbedingt zuzustimmen.
Solche Projekte sind allerdings kein Allheilmittel, und steuerbar sind sie auch nur bedingt. Dass jemand, der eine befristete Arbeitserlaubnis für Deutschland erwirbt, danach in seine Heimat zurückkehrt, lässt sich schließlich kaum erzwingen. Er könnte auch hier heiraten und sich hier niederlassen.
Oder, wenn sich ihm diese Aussicht bietet, in die USA oder nach Kanada weiterziehen. Auch werden nicht alle Arbeitgeber begeistert davon sein, jemanden, der sich in seinem Job bewährt hat, nach zwei Jahren wieder ziehen zu lassen.
Dennoch sind solche Vorschläge eine Chance, das Thema Zuwanderung endlich wieder auf eine rationale und realistische Grundlage zu stellen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn