Kommentar Tapferkeitsorden: Ehrlich in den Krieg?
Die Bundesregierung drückt sich darum, den Afghanistaneinsatz als Krieg zu bezeichnen. Die Öffentlichkeit bleibt dadurch kritischer.
E s war im Oktober 2008, beim Begräbnis von in Nordafghanistan getöteten Soldaten, als Verteidigungsminister Franz Josef Jung erstmals von "Gefallenen" sprach. Nun erhalten Soldaten, die bei jenem Attentat Menschen zu retten halfen, von Jung und Kanzlerin Merkel den neuen Tapferkeitsorden der Bundeswehr. So schafft sich die Bundesregierung ihre sprachliche und symbolische Kontinuität, um den Afghanistaneinsatz in Deutschland begreiflich zu machen.
Ulrike Herrmann ist finanzpolitische Redakteurin der taz.
Jung und Merkel sind darin wesentlich langsamer als viele Militärs, Friedensbewegte und Medien, die längst verlangen, sprachpolitisch weiter zu gehen und von "Krieg" zu sprechen. Das Hauptargument: So würde endlich mehr Wahrheit in die Afghanistan-Debatte einziehen. Nun fürchtet - neben völker- und kriegsrechtlichen Konsequenzen - die Bundesregierung auch ganz praktische Rechtsfolgen, wenn sie hoheitlich "Krieg" sagt. Lebensversicherungen zum Beispiel zahlen im Kriegsfall nicht. Stattdessen müsste der Bund Hinterbliebenen von getöteten Soldaten Entschädigungen zahlen.
Für das Alltagsverständnis davon, wie gefährlich der Einsatz der Bundeswehr speziell in der Region Kundus seit einem Jahr geworden ist, dürfte das Wort Krieg jedoch mittlerweile angemessen sein. Juristisches und allgemeines Verständnis müssen nicht immer übereinstimmen.
Und doch ist Skepsis gegenüber der Art Wahrheit angebracht, die sich die Fürsprecher der Kriegsvokabel erhoffen. Derzeit werden die Regeln für den Schusswaffengebrauch gelockert, unter anderem um den Soldaten mehr psychologische Sicherheit zu geben. Dass aber die Bundeswehr mehr und schneller schießen darf, wird der deutschen Öffentlichkeit leichter zu verkaufen sein, wenn für diese in Afghanistan ohnehin "Krieg" herrscht.
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