Kommentar Schulz' Wahlkampfstrategie: Der Merkelvertreter
Um Italien zu entlasten, will Martin Schulz ankommende Flüchtlinge auf andere EU-Staaten verteilen. Dass das nicht funktioniert, zeigt sich seit 2015.
D ie Strategie des Martin Schulz ist unverkennbar: Während sich Angela Merkel dem Wahlkampf verweigert, gibt er den Macher. Während sie verwaltet, schmiedet er Aktionspläne. Während sie ihren Wanderurlaub in Südtirol plant, bereitet er seine Reise nach Rom vor.
Als selbsternannte Urlaubsvertretung der Kanzlerin will er diese Woche Ministerpräsident Paolo Gentiloni treffen. Vorab setzt er das italienische Flüchtlingsproblem in Berlin auf die Wahlkampf-Agenda – wogegen nichts einzuwenden wäre, hätte der SPD-Kandidat denn auch eine Lösung im Angebot.
Um Italien zu entlasten, setzt er weiter darauf, ankommende Flüchtlinge auf andere EU-Staaten zu verteilen. Dieses Prinzip ist nicht neu. Im Form des Relocation-Plans der EU ist es auf dem Papier schon seit 2015 in Kraft. Die Umsetzung lief allerdings erst schleppend an und nahm dann keine Fahrt auf – allein schon, weil viele Mitgliedsländer zur tatsächlichen Aufnahme dann doch nicht bereit sind.
Um dieses (bekannte) Problem zu lösen, schlägt Schulz nun einen Anreiz vor: Geld für jeden Flüchtling, den ein Land freiwillig aus Italien aufnimmt. Auch dieser Vorschlag ist nicht ganz neu, unter anderem tauchte er im Frühjahr in einem Papier der maltesischen Regierung auf. Auf EU-Ebene umgesetzt wurde er bislang aber nicht. Der Geldanreiz wirkt für die Regierungen weniger stark als der Anreiz, die nächste Wahl zu gewinnen.
Das weiß Schulz nur zu gut: Deutschland will er von seinem neuen Umverteilungsprogramm natürlich ausschließen. Aus Sicht des Wahlkämpfers mag das Sinn ergeben. Wie will der SPD-Kandidat aber auch nur ein Mitgliedsland von seiner Idee überzeugen, wenn er nicht mal selbst mit gutem Beispiel vorangeht?
Mit so wenig Fingerspitzengefühl, so wenig Verständnis für die Befindlichkeiten der Partner, ist schon Merkel auf europäischer Ebene gescheitert. Schulz sollte aus ihren Fehlern lernen – selbst wenn es für den SPD-Kandidaten nur bei einer Urlaubsvertretung bleibt.
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