Kommentar Schulreform: Erschütternde Schlichtheit
Nazi-Vergleiche sind nur bei der politischen Bewertung Rechtsextremer statthaft. Alles andere verbietet sich in einem ernsthaften Disput.
B isweilen ist es erstaunlich, zu welchen Mitteln Menschen greifen, denen die Argumente ausgehen. Ab und zu ist es auch erschütternd. Walter Scheuerl hat sich diskreditiert. Ob er sich entschuldigt oder nicht, ist egal.
Nazi-Vergleiche sind nur bei der politischen Bewertung Rechtsextremer statthaft. Alles andere verbietet sich in einem ernsthaften Disput - nicht nur, weil solche Vergleiche den Faschismus relativieren. Dennoch sei wohlwollend davon ausgegangen, dass auch Primarschulgegner Scheuerl diesen nicht für eine Meinung hält, sondern für ein Verbrechen.
Ergreifend in ihrer Schlichtheit ist auch die Position der Reformgegner in der CDU. Ihre früheren Sachargumente - wie die befürchtete Schließung von Gymnasien - sind widerlegt. Bleibt hilfsweise die Behauptung eines undemokratischen Verfahrens. Das ist lachhaft.
Politische Beobachter können sich nicht erinnern, dass in der Hamburger CDU jemals diskutiert worden wäre. Was diese Partei aber seit über einem Jahr in öffentlicher Debatte über die Schulreform aufführt, gleicht einem basisdemokratischen Urknall. Und dass die Opposition in der Bürgerschaft die Verabschiedung des Gesetzes nicht verzögert, ist weder ungewöhnlich noch der Koalition anzulasten.
An Schwarz-Grün gibt es sicherlich manches zu kritisieren. Aber bitte mit Substanz.
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