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Kommentar KonjunkturgipfelUnbeirrt in Richtung Absturz

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die Regierung will über neue Maßnahmen zur Stützung der einbrechenden Wirtschaftsleistung vorerst nicht nachdenken. Das ist schwer zu begreifen.

D ie Prognosen werden immer düsterer: Die Wirtschaftsweisen erwarten für Deutschland ein Rekordminus von 6 Prozent. Der IWF sagt Deutschland auch fürs nächste Jahr noch eine Rezession voraus. Die Gewerkschaften rechnen mit Massenentlassungen und sozialem Aufruhr. Nur die Regierung bleibt gelassen: Bevor die bisher beschlossenen Konjunkturpakete nicht in vollem Umfang wirken, will sie über neue Maßnahmen zur Stützung der einbrechenden Wirtschaftsleistung nicht mal nachdenken.

Bild: taz

MALTE KREUTZFELDT ist Leiter des taz-Ressorts Ökologie und Wirtschaft.

Das ist schwer zu begreifen. Als im Januar das zweite Konjunkturpaket beschlossen wurde, ging die Regierung schließlich noch davon aus, die deutsche Wirtschaft werde 2009 um 2,25 Prozent schrumpfen. Inzwischen ist klar, dass das Problem fast dreimal so groß ist. Die OECD schätzt die konjunkturelle Wirkung der bisherigen deutschen Pakete für 2009 und 2010 auf jeweils 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - weniger als halb so viel wie in den USA. Schon heute ist klar: Dies wird auch im besten Fall nicht reichen, um einer Schrumpfung von 6 Prozent zu begegnen.

Dass die bisher beschlossenen Konjunkturhilfen noch nicht voll wirken, ist kein Argument zu warten. Im Gegenteil: Es zeigt vielmehr, wie viel Zeit zwischen einer Entscheidung und ihrer Wirkung vergeht - und sollte darum angesichts der jüngsten Entwicklungen Ansporn sein, möglichst schnell zu reagieren.

Weitere staatliche Ausgaben sind ohne Frage nötig, um den Abschwung abzufedern. Eine Überhitzung einzelner Sektoren, vor der manche Ökonomen warnen, lässt sich verhindern, indem vor allem jene Bereiche bedacht werden, die bei den bisherigen Konjunkturmaßnahmen vernachlässigt wurden: Ökologie und Bildung. Solche Ausgaben sind kein Strohfeuer. Sie sind Investition in die Zukunft, die einen realen Bedarf decken.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

2 Kommentare

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  • H
    hto

    VON MALTE KREUTZFELDT: "Die Regierung will über neue Maßnahmen zur Stützung der einbrechenden Wirtschaftsleistung vorerst nicht nachdenken. Das ist schwer zu begreifen."

     

    "Ein Loch ist im Eimer oh Henry, ..." - es ist immer wieder erschütternd wie die gebildete Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche ihre Verantwortungslosigkeit durch Kreuzchen auf dem Blankoscheck in die aktionistische Realität von systemrationalen Komunikationsmüll einbringt und trotzig darauf besteht!?

  • AM
    Alfred Mayer

    Mit Hoffnungen hatte der ökologisch Orientierte hören dürfen, daß die Warnungen des Club of Rome beim Verbraucher endlich angekommen schienen. Das für jedermann sichtbar in erster Linie auf dem Konsum von Überflüssigem beruhende Wachstum ging ein winziges Stück zurück. Die damit um einen bequemen Regelmechanismus gebrachten Politiker reagierten aber bereits bei einem "befürchteten" Wachstumsrückgang auf 1,2 % in Panik mit Konjunkturprogrammen, die nur mit einer noch nie da gewesenen Staatsverschuldung zu stemmen sein werden. Konjunkturprogrammen, die zu einem großen Teil nur zu einem weiter verschwenderischen Umgang mit den endlichen Ressourcen führen können. Hier werden weitgehend wahllos Gelder verteilt, die nur mehr zurückfließen können.

     

    Wen würde wundern, wenn man bald zu erkennen wäre, daß gerade die Konjunkturprogramme das traumverlorene Vertrauen auf ein ewiges Wachstum erst richtig erschüttert hätten ? Kaum anders ist ja zu erklären, daß inzwischen mit einem Rückgang der Konjunktur um 5 und 6 % gerechnet wird. Ein bereits angepeiltes drittes Konjunkturprogramm könnte das blinde Vertrauen auf immerwährenden Wohlstand noch mehr erschüttern. Was will man denn machen, wenn die Umsätze von Konjunkturprogramm zu Konjunkturprogramm mehr und mehr sinken ? Wie sind die Pläne für die Zeit, in der wegen der Endlichkeit der Ressourcen überhaupt nicht mehr mit Überflüssigem Geschäfte gemacht werden können und der Maßstab immer strenger werden muß, was überflüssig ist ?

     

    In dieser Situation wäre die Stunde der Grünen gekommen. Sie müßten jetzt um die absolute Mehrheit kämpfen wie noch nie. Aber fällt ihnen nichts ein oder berichten nur die bösen bösen Medien nichts darüber, wie von den wackeren Verwaltern der grünen Pfründen gerne behauptet ?