Kommentar Griechenland und IWF: Gefährliche Pendeldiplomatie
Solange nicht klar ist, wie es mit Griechenland weitergeht, wird dort niemand investieren. Troika und Athen haben sich auf ein gewagtes Spiel eingelassen.
E ine Sensation war es nicht: Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hat IWF-Chefin Christine Lagarde in Washington getroffen – und hinterher war alles wie vorher. In dieser Woche wird eine Tranche der IWF-Kredite fällig, und Griechenland hat versprochen, sie pünktlich zurückzuzahlen.
Dies ist keine Kehrtwende. Auch als Varoufakis noch kein Finanzminister war, sondern Wissenschaftler, hat er immer betont, dass Griechenland seine IWF-Kredite zurückzahlen sollte. Denn am IWF beteiligen sich auch Staaten wie Malaysia, die weitaus ärmer sind als Griechenland. Es wäre seltsam, wenn sie ihr Geld nicht wiedersehen würden.
Ein klares Ziel konnte die Reise nach Washington also gar nicht haben; sie war als „informelles Gespräch“ gedacht. Es ist immer schön, wenn Spitzenpolitiker miteinander reden.
Trotzdem stellt sich die Frage, was diese Pendeldiplomatie noch soll. Die Troika und Griechenland haben sich auf ein gewagtes Spiel eingelassen. Die Eurozone besteht auf „Reformen“, bevor sie neue Kredite gewährt, mit denen Griechenland seine alten Schulden tilgen kann. Die Syriza-Regierung wiederum verweigert diese „Reformen“, die sie als reines Verarmungsprogramm empfindet.
Am Ende wird die Eurozone genau so viele Kredite bewilligen, wie nötig sind, um Griechenland in der Währungsunion zu halten. Und Syriza wird Zugeständnisse machen, sie in der Praxis aber möglichst boykottieren. Es ist ein symbolischer Kampf, der trotzdem desaströs ist.
Solange jeden Monat neu verhandelt wird, ob Griechenland im Euro bleibt, wird dort niemand investieren. Der ökonomische Zusammenbruch geht weiter.
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