Kommentar Gleichgeschlechtliche Eltern: Hilfe, meine Eltern sind schwul!
Die klassische Familie als so genannte "anthropologische Konstante" soll unangefochten an erster Stelle stehen. Im richtigen Leben schaffen Schwule und Lesben schon lange Tatsachen.
I n Deutschland leben schon jetzt 6.600 Kinder, die in Regenbogenfamilien groß werden - also mit Eltern, die entweder schwul oder lesbisch sind. Dies sagt eine Studie der Universität Bamberg. Zugleich räumt sie mit jenen Bedenken auf, die von Konservativen (und nicht nur diesen) bisher gegen ein gemeinsames Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ins Feld geführt wurden. Homosexuelle Paare sind keine schlechteren Eltern, die Kinder entwickeln sich genauso gut wie in anderen Familienformen, so fasst Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) das Ergebnis zusammen.
MARTIN REICHERT ist Redakteur der sonntaz.
Zypries fordert ein gemeinsames Adoptionsrecht, unterstützt von FDP, Grünen und der Linkspartei - insbesondere die kleinen Parteien hoffen auf die Stimmen der Schwulen und Lesben bei der nächsten Bundestagswahl. CDU und CSU halten dagegen - und hoffen auf die Stimmen jener, die sich unwohl fühlen bei dem Gedanken, dass die bürgerliche Ehe von Mann und Frau nicht allein glückselig machend sein soll. Die klassische Familie als "anthropologische Konstante" und "besondere Verantwortungsgemeinschaft", wie man es in der Welt formuliert, soll unangefochten an erster Stelle stehen. So war es immer, so soll es - bitte schön - immer sein.
Im richtigen Leben schaffen die Schwulen und Lesben jedoch schon lange Tatsachen. Niemand kann Lesben daran hindern, schwanger zu werden. Schwule finden Mittel und Wege, Kinder zu adoptieren (eben einer nach dem anderen statt gemeinsam), oft sind die Behörden sogar froh, wenn Schwule sich jener Kinder annehmen, die den "besonderen Verantwortungsgemeinschaften" nicht exklusiv genug erscheinen, sei es aufgrund ihrer Hautfarbe, der Gesundheit oder der sozialen Herkunft.
Verantwortlich wäre es, dieser tatsächlichen Entwicklung endlich Rechnung zu tragen und schwulen und lesbischen Eltern jene Steine aus dem Weg zu räumen, die man ihnen dann auch noch zum Vorwurf macht. Wenn Kinder von Schwulen und Lesben es tatsächlich schwerer haben sollten als andere Kinder, dann doch wohl aufgrund der Diskriminierung, der sie und ihre Eltern ausgesetzt sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen