Kommentar Erlebniswelt Renaissance: Die Hightech-Ruine
Um an das Multimedia-Projekt glauben zu können, mussten alle Entscheider ihre Augen fest verschließen. Jetzt richtet der Mangel an Kontrolle gleich doppelten Schaden an.
D ie Pleite in Hameln ist ein Musterbeispiel für verfehlte Förderpolitik: Angeschoben wurde das Projekt Erlebniswelt Renaissance auf Basis delirierender Gefälligkeitsgutachten. Um denen glauben zu können, mussten alle Beteiligten die Augen fest verschließen. Was man auch für die übrigen Kontrollen beibehielt - dass am Ende ein Streit um zweckentfremdete Subventionen steht, passt ins Bild.
Ärgerlicher aber ist, dass man auch auf eine kritische Instanz fürs Inhaltliche verzichtet hat: Gerade weil das Projekt keinen Vorläufer hatte, wäre es wichtig gewesen, Ausstellungspraktiker auf die Pläne schauen zu lassen. Dass nämlich eine zu 100 Prozent synthetische Renaissance-Show niemanden rockt, dass Historie nur da fasziniert, wo neben technologisch hipper Vermittlung auch das authentische Objekt seine Aura entfaltet - das ist ein Gemeinplatz der Geschichtsvermittlung. Hamelns Misserfolg bestätigt ihn ebenso wie der Erfolg, den die gleiche Technik in historischer Umgebung etwa von Schloss Bevern entfaltet.
Dieser Kontrollmangel richtet doppelten Schaden an: Wo das Konzept aufgegangen ist, kämpft man mit dem Image des Pleite-Labels EWR. Dort, wo es nicht funktioniert, hat man eine Hightech-Ruine geschaffen: Ohne erneuten Umbau lässt sich das Hochzeitshaus nicht einmal als Museum nutzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!