piwik no script img

Kommentar Deutschland im HalbfinaleDie Kicktruppe

Andreas Rüttenauer
Kommentar von Andreas Rüttenauer

Die deutsche Nationalmannschaft erreicht erneut die Runde der besten Vier. Und alle schwärmen vom Torhüter. Ja, hat sich denn seit 2002 nichts getan?

Kein Zauber, aber Beherrschung. Bild: dpa

B ERLIN taz Es geht also weiter. Zum vierten Mal in Serie ist eine deutsche Fußballnationalmannschaft im Halbfinale einer Weltmeisterschaft mit dabei.

2002 hat Rudi Völler mit einer als Rumpelfüßlertruppe verspotteten Mannschaft das Endspiel erreicht. Der Held dieses Teams war Oliver Kahn, der mit irren Reflexen den Finaleinzug erst ermöglicht hat. Dann kam eine Zeit, in der die Nationalmannschaft so etwas wie ein Ausbildungszentrum des deutschen Fußballs war. Unter Jürgen Klinsmann bekamen Leute einen Stammplatz, die in ihren Klubs nur Ergänzungsspieler waren.

Nach der Heim-WM 2006 begann sich die Welt über deutsche Ausnahmetechniker zu wundern. Die Nationalmannschaft schien sich auf die Suche nach dem schönen Spiel gemacht zu haben. Dieses schöne Spiel haben viele von Löws Team beim Turnier in Brasilien erwartet. Und nun, nach dem 1:0 gegen nicht gerade starke Franzosen schwärmt die Nation wieder von ihrem Torhüter, so als hätte sich nichts getan seit 2002. Vielleicht waren die Debatten arg arrogant, die vor dem Turnier geführt worden sind.

Beim Blick auf die Begabten im deutschen Mittelfeld hat Fußballland doch tatsächlich darüber diskutiert, ob es nicht in Ordnung wäre, bei der WM einfach nur schön zu spielen, als wäre es in Ordnung in Schönheit vielleicht schon im Viertelfinale zu sterben. Diese wohlmeinenden Überlegungen gingen davon aus, dass Deutschland über eine magische Wundertruppe verfügt, die – ähnlich wie die Brasilianer der 80er Jahre – die Welt zu entzücken vermag, auch wenn sie keinen Titel gewinnt. Nach den fünf Turnierauftritten hat sich diese Perspektive verändert.

Den Deutschen ist Titel zuzutrauen, das schöne Spiel jedoch erwartet kaum einer von ihr. Und doch hat sich etwas Grundlegendes geändert seit 2002.

Das Land feiert zurecht den Torwart des Teams und diskutiert mit Verve darüber, ob die deutsche Defensive mit Philipp Lahm in der Außenverteidigung besser aufgestellt ist als mit Jérôme Boateng, ob Bastian Schweinsteiger zusammen mit Sami Khedira wirklich die besten Abräumer vor der Abwehr sind, macht sich also vor allem Gedanken um die Defensive. Und dabei wissen doch beinahe alle, dass da vorne inzwischen Spieler unterwegs sind, die ein durch ein Verteidigertor entstandenes 1:0 relativ sicher über die Zeit bringen, indem sie das Spiel an sich zu reißen versuchen.

Auch wenn sie nicht zaubern, auch wenn sie keinen Gegner in Grund und Boden spielen, die deutschen Auswahlspieler können einfach kicken. So etwas war 2002 undenkbar.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    An die Politikerversteher:

    Beim kleinen Mann entscheidet mal ein Schreibfehler darüber, ob er eine Ausbildungsstelle bekommt oder nicht. Wer Schreiner werden will, sollte heutzutage bereits Abitur nachweisen. Aber Politiker kann ja jeder werden, dazu muß man nur schwafeln können.

  • Dei deutsche Nationalelf war im MMA (Mixed Marital "Arts") klar überlegen. Besonders Mats Hummels, der den französischen Verteidiger fast zusätzlich zum Ball ins Tor bugsiert hätte.

     

    Hoffentlich erreicht Brasilien das Endspiel, denn die Vorstellung, dass eine knubbelige Kurzarm-Kanzlerin knuffig ihre Fäustchen in den brasilianischen Himmel streckt, bereitet mir Übelkeit.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Im Halbfinale sind sie sowieso raus. Und wenn sie doch Weltmeister werden, zeigt das nur, wie mies die anderen Mannschaften diesmal waren.

     

    Aber mir ist es sowieso wurscht, ob die gewinnen oder rausfliegen, von mir aus hätten se auch nach der Vorrunde schon heimreisen können, denn:

     

    Es verbindet mich überhaupt nix mit der Nationalelf. Allein der Begriff "National"-Elf ist mir schon zuwider. Letztlich aber stehen da 11 gehätschelte und getätschelte Millionäre auf dem Platz, die sich für eine Mafia namens FIFA und den Paten Guiseppe Al Blattone einspannen lassen.

     

    Diese WM ist die abscheulichste aller Zeiten. Ganze Stadtviertel werden am Spieltag hermetisch abgeriegelt und nur wer ne Karte hat, darf rein. Anwohner und Besucher werden solange einfach ein- oder ausgesperrt.

    • @90191 (Profil gelöscht):

      Na ja, dafür, dass Ihnen das alles egal ist, sind Sie aber ganz schön aufgebracht.

      • 9G
        90191 (Profil gelöscht)
        @MRO:

        Ich sage, mir ist wurscht, ob die Nationalelf gewinnt oder verliert. Der Rest ist mir nicht wurscht. Das erschließt sich eigentlich aus meinem Kommetar, sobald der Leser wenigstens ein Minimum an Textverständnis aufbringt.

  • Mir isses wurscht, wer mit 1:0 Weltmeister wird.

  • Wie immer ist Deutschland selbst bei Diskussionen um Fußball 4 Jahre mindestens hinter den Niederlande her.

     

    Die gleiche Debatte fand 2010 in NL statt, als NL zwar das Finale erreichte, aber mit schrecklichem Spiel mit Doppel-6 eigentlich keinen Fan des Oranje.Fußball mehr erreichen konnte., Kein Oranje-Fan der alten Cruijffschen Fußballästhetik wollte nach 90 Minuten gegen Spanien noch den Titel auf diese Weise.

    Kurz danach brach das Team dann auch bei der EM vollständig zusammen und van Gaal kann nur durch seine genialen taktischen Kenntnisse aus der Truppe wieder was halbwegs vorzeigbares machen.

     

    Deutschland hatte aber nie einen Cruijff, sondern einen Beckenbauer, der über Cruijff schon sagte, dass dieser der bessere Fußballer war, er, Beckenbauer, aber der Weltmeister. In dem Sinne wird in der BRD immer noch über Fußball gedacht. Von mir aus lass sie so bis zum Endspiel kommen und dann bei der nächsten EM schon grandios aus der Vorrunde fliegen. Irgendwann bekommt man schon seinen Spaß.

    • @Age Krüger:

      Stimmt, die NL haben für mich, mit Abstrichen, immer den schönsten Fußball in Europa gespielt, aber gebracht hat es ihnen recht wenig. Letztlich steht nur der Pokal von 1988 beim niederländischen Fußballverband in der Vitrine. Und worum geht es bei Meisterschaften, genau, ums Gewinnen. Vielleicht ist D fußballerisch 4 Jahren hinter den NL, für D hat es aber immerhin für 3 Weltmeistertitel gereicht, bei den NL.. naja, Sie wissen schon. Aber vielleicht reicht es ja diesmal, gönnen würde ich es ihnen.

  • Wow, welche Sensation, die Kicker können kicken. Wer hätte das gedacht.

  • ,,den deutschen ist titel zuzutrauen,das schöne spiel jedoch erwartet kaum einer von ihr.´´was ist denn das für ein satz in einer zeitung?! hier hat sich wohl einer wegen eifrigen rumgekrittel leicht grammatikalisch überschlagen.

    • @paul paper:

      Na, die Grammatik hat so manchen....

       

      Entweder

      wegen eifrige(m) rumgekrittel (Dativ)

      oder

      wegen eifrigen rumgekrittel(s) (Genitiv)

  • Der Deutschland-Hass des Grünen Zentralorgans erstreckt sich logischerweise auch auf den deutschen Fußball. Da bleibt sicht die taz treu ...

  • Einer wirbelte wie lange nicht, und das war vor dem Spiel. Es war Bundestrainer J. Löw, der sich an die berühmte deutsche Teamfähigkeit besann und u.a. bei seinen Überlegungen zur Besetzung diesmal auch tatsächlich die Ideen derer einbezog, die es aus der Ferne gut meinten….

     

    DFB-Präsident Niersbach traf seine Gedanken nach dem knappen Sieg genau auf den Punkt: „Nicht die Aufstellung, sondern die Einstellung hat dieses wichtige Treffen entschieden“! Wie Recht er dabei hatte! Mit einer ziemlich veränderten Startformation überraschte Löw Freund und Feind. Der von allen Experten als gesetzt geltende „Eistonnenmann“, Mertesacker, bekam diesmal die undankbare Rolle als Wasserträger für seine Kameraden. Obwohl er dabei tüchtig zu tun hatte, wäre ein Einsatz auf dem Rasen für ihn bestimmt vorteilhafter gewesen.

     

    Das relativ frühe Führungstor nach einer Standardsituation spielte uns richtig in die Karten, weil nunmehr vordergründig die Kontrolle des Spielgeschehens wichtiger war als der unbedingte Drang nach vorn. Man hatte allerdings als Zuschauer das Gefühl, dass sich die Franzosen erst im Neuaufbau befinden und damit unsere Jungs, die wirklich nicht wie eine magische Wundertruppe unterwegs waren, kaum richtig gefährden konnten. Die Ausnahmen klärte in der gewohnten Sicherheit unser diesmal defensiv spielende „Torhüter-Juwel“, M. Neuer, z. B. in der letzten Minute. Wir sind weiter, und das ist das Wichtigste! Die Einzelkritiken sind jetzt nur noch Makulatur, regen aber zum Nachdenken an….

     

    Gegen Brasilien sind hinten nun „Rambos“ gefragt. Was die beiden Kontrahenten nämlich nach unserem Spiel vollführten, war eher eine Schlacht, bei der „Alleinunterhalter“, Neymar, als Opfer ausfiel und nach einem Lendenwirbelbruch für weitere Spiele bei der WM nicht mehr einsatzfähig sein wird. Die „roten Kiste“ beim Abtransport erinnert übrigens an übliche Transportmittel auf dem Gemüsemarkt!

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Is doch wurscht, was da mit dieser Mannschaft los is. Es gibt wichtigere Probleme im Schland. Fußball is sowieso nur Ersatzkrieg, wo die nationalistisch Gesinnten ihre verschiedenen Kriegsniederlagen zu kompensieren trachten.

     

    Gezeichnet: Seine Majestät, der König von Schland.

    • @90191 (Profil gelöscht):

      Hmm, Ihre Kommentare sind oft zu überzeichnet, dass ich mir nicht sicher bin, ob das alles ironisch gemeint ist. Vielleicht ist ihr wahrer Name ja Rechtsnormal, wer weiss...