Hamburgs Kultursenatorin geht: Erschöpft von der Sponsorenjagd

Die Hamburger Kultursenatorin Karin von Welck tritt zurück - und hinterlässt viele Scherben.

Wurde zusehends dünnhäutiger: Karin von Welck. Bild: dpa

Sie hätte einen besseren Zeitpunkt für ihren Rücktritt wählen können, aber letztlich passt dieser plötzliche - und einsame - Entschluss zu ihrem Stil: Die Hamburger Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) hat am Wochenende angekündigt, dass sie am 25. August aus dem Amt scheidet, an dem Tag, an dem auch Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) geht. Sie sei aus persönlicher Loyalität zu ihm gekommen und werde mit ihm gehen, sagte sie in einer dürren Erklärung.

Das mag zunächst befremden, ist von Welck doch niemand, die ihr Schicksal an das anderer bindet oder sich sagen lässt, was sie tun soll. Andererseits verweist ihr Schritt klar auf den aktuellen Stellenwert Hamburger Kulturpolitik: Nicht nur, dass am ohnehin niedrigen Etat immer wieder herumgekürzt wurde. Auch geriet die Senatorin in immer stärkere Erklärungsnöte, wenn die Kollegen wissen wollten, warum etwa Hamburgs Museen chronische Defizite einfuhren.

Gern schob sie die Schuld dann den Museumsdirektoren zu, die das nicht auf sich sitzen ließen: Immer kleinteiliger war in den letzten Wochen der öffentliche Diskurs geworden, als es um Teilschließungen der chronisch unterfinanzierten Kunsthalle ging. Und immer größer die Kluft zwischen zwischen Behördensprech und der Version der Direktoren. Denn auch dies hat die Senatorin, die gern mal Direktoren und Intendanten zum Rapport einbestellte, wenn ihr eine Äußerung nicht behagte, zum Schluss nicht mehr geschafft: sich der Loyalität der Kulturschaffenden zu versichern, die sie eigentlich schützen sollte.

Ein ganz und gar ungeliebtes Kind war überdies das Mammutprojekt Elbphilharmonie, für das von Welck seit 2008 verantwortlich war: ein explizites Lieblingsprojekt Ole von Beusts und ursprünglich in der Baubehörde angesiedelt. Als Bauzeit und Kosten stiegen, suchte man einen anderen Sündenbock; die Kulturbehörde musste herhalten. Sie tat es - und mimte Enthusiasmus für ein Renommee-Projekt, das provozierend klar die Spaltung der Gesellschaft in Hoch- und Subkultur verkörpert.

Aber so etwas macht dünnhäutig, und das wurde die Senatorin zusehends, die politisch und finanziell immer stärker in die Defensive geriet. Ihr Ausweg: die manische Jagd nach Sponsoren. Da hat die Senatorin mit ihrer distinguierten Art einiges geschafft, hat dies zum eigentlichen Spielfeld gemacht - manchmal, ohne sich vorher mit denen abzustimmen, die das Geld erhielten. Ein Übereifer, mit dem sie sich in eine Position devoter Dankbarkeit hineinmanövrierte, die absurde Blüten trieb: Da wollte sie dem "Marat"-Regisseur des Schauspielhauses doch ernsthaft verbieten lassen, die Namen Hamburger Millionäre zu verlesen. Ehrensache, dass der Intendant eine Intervention ablehnte, die so fatal das Niveau Hamburgischer Kulturpolitik offenbarte. Denn die Dankbarkeit, die sie übte, erwartete von Welck auch von Intendanten und Direktoren, wenn sie doch mal einen Zuschuss erhielten.

Dass die den Mix aus Gutsherrenart und Almosenpolitik schließlich nicht mehr mitmachen wollten, zeigt deutlich: Das Maß war voll. Es war Zeit, zu gehen - auch, weil von Welck, die eher die Konkurrenz denn den Zusammenhalt der Kulturszene förderte, die Hausmacht fehlte. Ole von Beust war ihre letzte verbliebene Stütze im Senat.

Dass von Welck einen Trümmerhaufen hinterlässt, dass sie weder die Museen saniert noch das Projekt Elbphilharmonie zu Ende gebracht hat, lässt sich nicht leugnen. Eine erkennbare kulturpolitische Linie hatte sie - lässt man die frenetische Förderung von Kinderkultur außer Acht - ohnehin nie. Da ist ihr Abgang kein großer Verlust.

Die Szene indes - hier sind Hoch- und Subkultur traut vereint - freut sich. Nicht laut, versteht sich. Denn noch weiß niemand, was kommt. Gemunkelt wird, dass der künftige Bürgermeister Kultur- und Wissenschaftsbehörde vereinen will. Täte er das, wäre Hamburgs Kulturpolitik faktisch tot. PETRA SCHELLEN

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