Kolumne die Liebeserklärung: Steffen Seibert
In einer Zeit, da das Volk Aufklärung fordert, muss ein Mann den Regierungs-Nonsens als solche verkaufen. Steffen Seibert kann das.
D en Kollegen Seibert musste man lieben, seit er Wissenschaftskonferenzen moderierte. TV-Fuzzis haben keine Ahnung von so was. Steffen Seibert aber kapierte alles, übersetzte, war witzig. Das gibt’s nicht oft. Fast selten.
Dann wechselte Seibert vom ZDF auf die dunkle Seite der Macht. Um der Kanzlerin Stimme zu geben. Um den Worten der Herrschenden Sinn und Verstand zu leihen. Neuerdings kann Seibert auch labyrinthische Sätze, denen man verwundert bis ans unvertäute Ende folgt. Vielleicht weil im Niemandsland zwischen der alten 1.0- und der neuen 2.0-Welt Relativsätze einen relativ sicheren Stand geben.
Nehmen wir Prism. Die meisten von uns wissen nicht einmal, wie Spione Informationen ausleiten. Wie sie den Datentsunami sortieren, der uns täglich waterboardet. Auf der lichten Seite der Macht ist darüber Geschrei ausgebrochen. Der Stern ersetzt Recherche durch Komödienstadel. Aus dem oberfränkischen Innenminister wird ein Bayern-Depperl. Andere führen Seibert-Protokolle als Journalismus auf. Und setzen Statler und Waldorf dazu – als gesunden Menschenverstand.
ist Autor der taz und betreut die Bildungs-Seite.
Der arme Steffen muss in Bild-kurzen-Sätzen unsichtbare Endmoränen des Viermächtestatus schmackhaft machen. Für Reporter, die „Versteh ich nicht“ als gute Eigenschaft betrachten. Seibert steht mit einem Bein in Merkels Internetneuland, unsicher, ob er zuerst „Anschläge, New York, Madrid, London!“ deklamieren soll. Oder „Bürgerrechte, gute Whistleblower, nicht unter Freunden!“.
Aber er versteht sein Handwerk. Er bietet seine Schachtelprotokolle via Twitter als Primärtext feil. Ohne Wartezeit. In voller Länge. Das muss man lieben.
Bill und Hillary, Sahra und Oskar, Gerd und Doris: Wie funktionieren Beziehungen in aller Öffentlichkeit? Die Titelgeschichte „Liebe. Macht. Politik“ lesen Sie in der taz.am wochenende vom 13./14. Juli 2013. Darin außerdem: Am 24. April brach in Bangladesh ein Hochhaus über 3.500 Näherinnen ein. Die Schuldigen dafür waren im Land schnell gefunden: ihre Chefs. Die Geschichte zweier Glücksritter. Und der Streit der Woche zur Frage: Ist Datenhygiene jetzt Bürgerpflicht? Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“