Kolumne die Kriegsreporterin: Auch beim Schwanzvergleich vorn
Degeto-Schreibern, denen nichts mehr einfällt, Ficki-Facki-Filme, und eine Frau, die auch beim Vergleich, wer das längere Boot hat, die Nase vorn hat.
H allo taz-Medienredaktion! Was ist ein Rekord für mich, wenn nicht die Herausforderung, ihn zu überbieten? Ganz im Sinne des allgegenwärtigen Schwanzvergleichs, bei dem vor allem Männer gucken, wer das längere Boot hat, den teureren Queue und wer schneller mit dem Auto an der nächsten roten Ampel ist, wird auch in der Medienbranche unablässig verglichen, welche Sendung etwa die höchste Einschaltquote aufweist, welches Medium am häufigsten zitiert wird, wer die tolleren Köche hat, in welcher Stadt mehr Medienhäuser ansässig sind, bei welchem Sender mehr 1-A-Politiker zum Exklusivinterview auftauchen, in welcher Talkshow Wolfgang Kubicki am häufigsten seinen plakativen, aber eben auch sehr fragwürdigen Hofnarrenstil durchbringt, bei dem er mit sichtlichem Vergnügen auf eine Form von Provokation setzt, die die Menschen vor der Glotze hält und eindrücklich und sehr lebendig vorführt, dass die Menschen Unterhaltung suchen, wenn sie die Kiste anmachen und darüber hinaus auch erklärt, warum Bettina Böttinger mit ihrem Talk so erfolgreich ist, die über sich und ihr Tun gegenüber dem Mediendienst DWDL die schöne Aussage traf, sie habe „immer versucht, den Blick dahin zu richten, wo nicht unbedingt das allerhellste Licht scheint“ und damit anschaulich zum Ausdruck bringt, dass der Erfolg ihrer Sendung „B. trifft“ eben auch damit zu tun hat, dass etwas blöde Leute oft schlicht interessanter sind, als jene, bei denen alles kontrolliert und glatt aus dem Munde läuft und die immer sehr klug daherreden und versuchen, eloquent zu sein, ohne eine Arroganz an den Tag zu legen, die den Zuschauer, der ja vor allem, wie wir nun wissen, unterhalten werden will, vor den Kopf stößt, was ihn zum Abschalten der Flimmerkiste bewegen könnte, was Frau Böttinger ebenso wenig will wie ein Politiker wie Kubicki und mich daran erinnert, dass ich mal zum Anfang meines Gedankens zurückkehren sollte, der sich ja immerhin mit der Thematik des „Rekords“ auseinandersetzt, die ich auch an diesen warmen Tagen mit dem klaren Ziel nicht aus den Augen verlieren möchte, diesen besonderen, diesen Branchenrekord, sozusagen, zu brechen.
Was hiermit geschehen ist.
Ein Satz bestehend aus 208 Wörtern, war der längste gedruckte im Jahr 2013. Bisher. Verfasst von Gerhard Stadelmaier, abgedruckt in der FAZ. Diesen Rekord habe ich soeben um 101 Wörter übertrumpft. Ich juble mir zu, schmücke mich mit einem Lorbeerkranz und freue mich, auch in der Disziplin des Schwanzvergleichs die Nase vorn zu haben. Das kann nicht jede Frau von sich behaupten.
berichtet von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de
Richtig mies sieht es allerdings für Pornoproduzenten aus, die sich keine Mühe mit der Handlung geben. Wird der Film auf die Darstellung von Ficki-Facki reduziert, verflüchtigt sich der Anspruch auf Urheberrechtsschutz, so das Münchner Landgericht. Bei denen fehle es an einer „persönlichen geistigen Schöpfung“. Helmut Markworts Fummelfilmchen aus den 70ern, in dem er, wenn ich mich recht erinnere, eine Anhalterin mitnahm, dürfte hingegen genug geistige Schöpfung in sich tragen, um vom deutschen Urheberrecht gegen die Freibeuter der Verbreitung gefeit zu sein.
Fragwürdig scheint dies bei der ARD-Reihe „Traumhotel“. Die Ramba-Zamba-Nummer mit den vielen Zimmern, habe sich „dramaturgisch erschöpft“, sagt Christine Strobl und schließt die Bude. Wahrscheinlich fällt den Degeto-Schreibern schlicht nichts mehr ein. Ja, wenn man so kurz an der Vorgabenkette gehalten wird, bleibt am Ende nur die Erschöpfung. Alles andere als müde, nämlich putzmunter gebe ich zurück nach Berlin!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Misogynes Brauchtum Klaasohm
Frauenschlagen auf Borkum soll enden
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz