Kolumne Macht: Dieser Kandidat lügt
Donald Trump will US-Präsident werden und überhäuft unsere Autorin mit E-Mails. Sehr persönlich. Und sehr verräterisch.
D onald Trump mag mich. Er schätzt meine Großzügigkeit, und er möchte gerne mit mir essen gehen. Und obwohl ich nichts tue, um falsche Hoffnungen in ihm zu wecken, lässt er in seinen Bemühungen nicht nach. Ein eindrucksvoll zielstrebiger Mann. Allerdings vielleicht ein wenig realitätsblind.
Meine Mailadresse habe ich Trump übrigens freiwillig gegeben. Vor ein paar Monaten musste ich mich mit einigen Angaben bei seinem Wahlkampfteam registrieren, um an einer öffentlichen Kundgebung des Kandidaten teilnehmen zu können. Politische Bekenntnisse wurden nicht verlangt, auch keine Sympathiebekundungen. Lediglich Name, Geburtsdatum und eben die Mailadresse. Seither bekomme ich Post. Anrührende, aber auch etwas verwirrende Post.
Vor knapp zwei Wochen hat Donald Trump mir eine führende Position in seiner Wahlkampagne angeboten, nämlich eine privilegierte Mitgliedschaft. Für einen Schnäppchenpreis. „Früher habe ich Unterstützer um eine einmalige Einführungsgebühr von 100 Dollar gebeten“, schrieb der Kandidat. Aber wegen meiner angeblich „überragenden Großzügigkeit“ in der Vergangenheit darf ich für eine Zahlung von nur 35 Dollar eine der „höchsten Ränge“ der Kampagne bekleiden.
Diese Ehre wird wenigen Auserwählten zuteil. „Es ist ein Recht, eine Pflicht und eine Verantwortung, die nur für solche Anhänger reserviert ist, die eine unerschüttliche Hingabe für unsere Bewegung gezeigt haben.“
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Donnerwetter. Dass in Wahlkämpfen gelogen wird, ist nicht neu. Aber dass mich ein Kandidat sogar hinsichtlich meiner eigenen Handlungen belügt, ist dann doch erstaunlich. „Unerschütterliche Hingabe?“ Wirklich nicht, ganz sicher nicht. Das kann ich beweisen. Übrigens hätte ich mich binnen zwei Tagen entscheiden müssen, ob ich das Angebot annehme. Die Frist habe ich verpaßt, aber so leicht lässt sich ein Donald Trump nicht entmutigen. Jetzt will er also mit mir essen gehen.
Für fünf Dollar Einsatz darf ich bei einem Gewinnspiel mitmachen und habe die Chance, gemeinsam mit einer Begleitperson als Ehrengast an einem Spendendinner mit Trump teilzunehmen. Und er wünscht sich so sehr, dass ich komme: „Ich will wissen, was DU von unserer Kampagne hälst“, schreibt er mir. Ob er das wirklich wissen will? Ich empfehle ein taz-Abo.
Die Mails ermutigen mich. Sie zeigen mir, dass ich viel mächtiger bin als ich je zu träumen gewagt hätte: „Ohne Dich wäre unsere Kampagne NICHTS“, schreibt mir das „Team Trump“. Schau an. Dann muss sich die Welt vor einem möglichen Wahlsieg des Republikaners ja nicht mehr fürchten.
Nein, ein solcher Schwachsinn wie diese Mails ist auch in US-Wahlkämpfen nicht üblich. Ich kann das beurteilen, denn ich habe mich vor acht Jahren sowohl bei dem damaligen demokratischen Kandidaten Barack Obama wie auch bei seinem republikanischen Rivalen John McCain registriert, aus ähnlichen Gründen wie jetzt bei Trump. Keiner der beiden hat mich mit derlei Unfug belästigt.
Der Kolumnist Eugene Robinson schrieb am Freitag in der Washington Post: „Mir ist klar, dass die meisten feurigen Anhänger von Trump nicht gerne von jemandem wie mir belehrt werden wollen. Aber ich habe ein gewisses Mitgefühl, wenn ich sage, was gesagt werden muss: Euer Kandidat ist ein Spinner. Ein Heuchler. Eine Luftnummer. Ein Trickbetrüger. Ein Witz.“ Robinson ist überzeugt: „Donald Trumps Anhänger können so tun als sei es anders, aber tief im Inneren müssen sie die Wahrheit wissen: Trump hat sie die ganze Zeit zum Narren gehalten.“
Wissen sie es tatsächlich? Man wird sehen.
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