Kolumne Kriegsreporterin: Ausstieg aus der Ananasdiät
Neues von der Medienfront: Wie man der Industrie ein schönes Werbeumfeld schafft und warum Freifrau zu Guttenberg auch künftig keine Post aus dem Jemen jagen wird.
H allo, taz-Medienredaktion, heute melde ich mich von vor dem Fernseher aus, wo dank der Frachtsendungen aus den Wüstenstaaten auch das "ZDF-Morgenmagazin" endlich mal wieder etwas zu berichten hat.
Hier geht es ja gern mal etwas wirr zu, es wird viel gelacht und von allen vor der Kamera Stehenden fröhlich durcheinandergeplappert. Nur der "Terrorismusexperte" Elmar Theveßen, den das ZDF jetzt wieder aus dem Kämmerlein vor die Scheinwerfer holt, sprengt mit ernster Miene dieses, wie gesagt, etwas wirre Programm zwischen Sesamstraße und Rappelkiste. Die Post aus dem Jemen - ein Fall für Stephanie, möchte man meinen, sind doch wieder viele Unschuldige in Gefahr. Doch Freifrau zu Guttenberg hat dummerweise ihren Vertrag mit einem Sender gemacht, der "Politik" allenfalls vom Hörensagen kennt.
Besser geht es denjenigen, die beim "Morgenmagazin" die ständig aktuell eingebrachten Sportnachrichten mittels Werbespot "präsentieren". Denn was wäre ein Sponsoringvertrag, wenn nicht auch der Sender seinen Beitrag leistet und das Beworbene redaktionell unterstützt. Da wird man dieser Tage beim "Hermes Versanddienst" die Händchen vor Freude zusammenschlagen, so viele Pakete, so viel Fracht in Wort und Bild!
Silke Burmester berichtet von der Medienfront.
Der Industrie mehr passende Werbeumfelder bieten möchte wohl auch die WAZ Women Group, die mit einem monatlichen Frauenmagazin auf den Markt kommen wird, und dieses Die Prominente nennt. Schlagen sich die Marktführer mit Kraut-und-Rüben-Elsen rum und deren langweiligen Leben zwischen Schulbroteschmieren und Missionarsstellung, will die WAZ-Gruppe mal etwas wagen.
Etwas wagen, die Schieflage innerhalb der Gesellschaft auf das Niveau des Daily Dramas runterbrechen wollen auch andere Magazinmacher. InStyle, das Magazin für die Frau, die ohne Shoppen keinen Lebensinhalt hat, berichtet direkt aus der Hölle, die man Leben nennt: "Nazi-Drama" titelt sie - "Wie ich den gefährlichen Ausstieg schaffte!" Als wäre Rechtsradikalismus ein ähnlicher Irrweg wie die Ananasdiät, können Leserinnen an wiefuehltessichan@wunderweib.-de "ihre Geschichte" schicken. Der "gefährliche Ausstieg" ist dann auch weniger ein Ausstieg als die Geschichte einer jungen Frau, die in einer rechtsradikalen Familie aufwuchs, bis die Mutter die Flucht ergriff. Das "Nazi-Drama" von InStyle: ein Weg, Rechtsradikalismus gesellschaftsfähig zu machen - als weiteres Kitschdrama neben Magersucht und Geldnot.
Schluss mit lustig ist hingegen beim Verlag DuMont. Hier zieht man Konsequenzen aus der Posse um Einträge, die zwei Mitarbeiter unter Dutzenden von Pseudonymen, immer aber unter der Adresse von Konstantin Neven DuMont (KNDM) auf Stefan Niggemeiers Blog hinterlassen haben. Weil es nicht sein kann, dass irgendwelche Angestellten sich einfach des Computers des Verantwortlichen für Strategie und Kommunikation bedienen, sollen nächstes Jahr die "kundennah" arbeitenden Mitarbeiter mit einem Tablet-Computer und Mobiltelefon ausgestattet und darin geschult werden, sich auf Facebook und bei Twitter nicht so dämlich wie ihre Kollegen anzustellen.
Die nämlich haben KNDM gern in Niggemeiers Blog in den höchsten Tönen gelobt, Niggemeier selbst aber als Deppen darzustellen versucht. Die Kurse würde KNDM sicherlich gern selbst leiten, doch wie man hört, schreibt er gerade zusammen mit Doris Heinze das Drehbuch über das Leben des Postboten Gert Postel, der als Dr. med. Dr. phil. Clemens Bartholdy Karriere machte.
Oder habe ich die Postel-Geschichte nur geträumt? Unsicher zurück nach Berlin!
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