Kolumne Die Lage am Lago: Dopingpong
Die Medienvertreter am deutschen Trainingslager bleiben der Tour de Suisse fern. Kein Bock auf Doping. Die strengen Kontrollen bei den Kickern zwingt diese zum Tischtennis.
TENERO taz Heute wird es ekelig im Tessin. Nein, dafür interessieren wir uns nicht. Sollen die doch machen, was sie wollen. Einer bringt es auf den Punkt. Wir wollen sauber bleiben, sagt er. Örtliche Reiseveranstalter hatten den derzeit im Tessin versammelten Journalisten einen Ausflug zum Zielort der gestrigen Etappe der Tour de Suisse offeriert. Doch niemand wollte sich die Hände schmutzig machen. Radsport, nein danke! Auch wir entscheiden, dem Fußball treu zu bleiben. Dort können wir genüsslich über Aufstellungen spekulieren und müssen zur Vertiefung unserer spezifischen Kenntnisse der Sportart keine pharmakologischen Studien lesen. Doping ist kein Thema in Nationalen Jugendsportzentrum von Tenero.
Andreas Rüttenauer ist Redakteur bei taz-Leibesübungen
Und doch: Obwohl es, wie es die meisten Kollegen vermuten, im Fußball sowieso kein Doping gibt, müssen sich die Spieler mit Kontrolleuren herumschlagen. Sie müssen melden, wo sie sich aufhalten, und wenn sie sich nicht abmelden, dürfen sie nicht mehr als eine Stunde von dem Ort fernbleiben, den sie den Kontrolleuren angegeben haben. Neben den tollen Tischtennistischen im Mannschaftshotel, den tollen Tischfußballtischen und dem tollen Mannschaftspsychologen Hans-Dieter Hermann ist dies einer der Hauptgründe dafür, warum sich die Spieler, auch wenn es ihnen einmal gestattet ist, so selten vor die Tür begeben. Sie müssen spätestens nach einer Stunde wieder zurück sein.
Kein Wunder also, dass wir gestern bei unserem ausgiebigen Streifzug durch die Innenstadt Asconas nicht einmal einen Simon Rolfes treffen. Aber den hätten wir vielleicht auch nicht getroffen, wenn die Mannschaft tagelang Ausgang bekommen hätte. Wir vermuten, dass er lieber alleine Pingpong gespielt hätte, als sich der Gefahr auszusetzen, nicht erkannt zu werden.
Keine Spur von unseren Spitzenspielern also. Aus einer Gasse hören wir aufgeregte deutsche Stimmen. Glaub uns doch, es ist besser für dich! Der wird dich schon nicht töten! Schau auf die Uhr! Du machst dir alles kaputt! Wir horchen auf. Jetzt haben wir einen, sind wir uns sicher, und schauen um die Ecke. In der Tat. Vor einer Kneipe sitzt Michael Ballack. Betrunken gar? Wir stellen fest, dass wir es sind, die nicht mehr ganz gerade schauen können. Schade eigentlich.
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