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Kolumne Die KriegsreporterinDer Stern will älter werden. Noch älter?

Kolumne
von Silke Burmester

Der Chefredakteur vom „Stern“ bringt ein Magazin für sich selbst raus, der „Focus“ ist die FDP des Printbereichs und Regisseur Verhoeven erzählt was von zensierten Schuhen.

H allo, taz-Medienredaktion! Vor ein paar Jahren hatte Bernd Buchholz, Vorstandsvorsitzender bei Gruner & Jahr, die Frage nach einer Publikation aus seinem Haus, das sich älteren Herrschaften zuwendet, damit beantwortet, den Stern altern lassen zu wollen. Heute gilt man dort mit Anfang 40 als junges Redaktionsmitglied, und selbst die über 60-jährigen Leser sparen nicht mit Abokündigungen.

Habe ich mich bislang gefragt, warum es zwei Chefredakteure braucht, ein so langweiliges Magazin zu machen – das zugegeben mit dem Einkauf von Dominik Wichmann als drittes Rad am Chefvehikel langsam wieder Fahrt aufnimmt –, so scheint auch Chefredakteur Thomas Osterkorn, 59 Jahre alt, vom Stern gelangweilt. Er schmeißt im April eine Testversion von „Viva“ auf den Markt, das nicht wie einst eine Frauenzeitschrift mit ebenjenem Titel ist, sondern ein Magazin für Leute in den letzten Berufsjahren sein soll, also für ihn.

Dass Focus überhaupt alt werden würde, durfte zwischenzeitig bezweifelt werden und so freut man sich in München umso mehr, die 1.000ste Ausgabe präsentieren zu können. Schließlich ist Focus im Printbereich in etwa das, was die FDP für die Parteienlandschaft ist: ein inhaltsleeres, unbeholfenes, verlorenes Etwas, das man gern durch den Gnadenschuss erlösen möchte. Mit der nullenden Ausgabe allerdings geben sich die Macher selbstbewusst und behaupten, ihr Heft sei „intelligent“. Aha.

Was hat ein Schuh mit Zensur zu tun?

Bild: Eva Häberle
SILKE BURMESTER

berichtet jeden Mittwoch von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.

Weniger intelligent als vielmehr verstörend kommt mir die Äußerung vor, die der Regisseur Michael Verhoeven in Bezug auf Acta getan haben soll: „Ist es Zensur, dass Sie die Schuhe bezahlen müssen, die Sie im Internet gekauft haben?“ Und ehrlich gesagt, diese Frage verstehe ich nicht. Also den Bezug vom Schuh zur Zensur. Bzw. umgekehrt. Einen Schuh in Zusammenhang mit Zensur zu bringen, mag doch allerhöchstens dann funktionieren, wenn ich den Schuh wie in arabischen Ländern als Zeichen der Verachtung hochhalte und mir das jemand, weil es keine freundliche Äußerung ist, verbieten möchte.

Nun frage ich mich, ob diese als eigenartig zu bezeichnende Äußerung, die Herr Verhoeven in Bezug zur Diskussion um Urheberrechte, Beteiligung und Kontrolle verstanden haben will, ein Ergebnis mangelnder Frische ist, schließlich ist der gute Mann auch schon 73. Oder ob sie so krude ist, weil sie von Focus kommt. Stichwort: 1.000 Jahre. Äh, 1.000 Ausgaben. Egal, Thomas Osterkorn wird das klären.

Auch auf einen anderen Chefredakteur ist Verlass. Auf Peter Frey vom ZDF. Der hat nämlich dargelegt, was er meint, wenn er sagt, die Sparvorgaben, die das Zweite Deutsche Schlaffernsehen umsetzen muss – 75 Millionen beim Personal –, werde man dem Programm ansehen. Klar ist jetzt, dass weniger Klugschwätzer bei den Olympischen Spielen am Sandkistenrand herumstehen werden und weniger „Experten“, also ausrangierte Sportler, das benennen, was man eh schon sieht.

Zunächst hatte ich befürchtet, Frey meinte das „sehen“ wörtlich. Also Claus Kleber in Badehose. Carmen Nebel ohne Perücke. Nur noch Polen statt deutschem Personal auf dem Traumschiff oder – weil Schauspieler mittlerweile weniger Tagesgage bekommen als etwa eine Filmkuh – als Schaf oder Holsteiner Kuh verkleidete Darsteller in den Pilcher-Verfilmungen.

Kapiert, dass man mit guter Personalpolitik sparen kann, haben die Kollegen von der ARD und überlegen, die Figuren der Augsburger Puppenkiste wieder vor den Bildschirm zu bringen. Ob Don Blech allerdings Don Deppendorf ersetzen wird, bleibt abzuwarten. Und damit zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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5 Kommentare

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  • PJ
    Paul Jansen

    Dass der FOCUS unglaublich viel Müll schreibt, haben die meisten halbwegs intelligenten Leser inzwischen schon bemerkt.

     

    Was allerdings nicht nur bei Lesern und selbst bei Journalisten völlig unter dem Radar bleibt, ist die Tatsache, dass sich der FOCUS (sogar noch viel mehr als die BILD!) zu einer astreinen Propaganda-Maschine entwickelt hat.

     

    Viele haben sich z.B. zu Recht über die einseitige Meinungsmache der BILD beim Thema Guttenberg aufgeregt. Was aber kaum einer bemerkt hatte, war die Tatsache, dass der FOCUS noch viel mehr und einseitiger als Guttenberg-Fan-Postille einseitige Berichte gedruckt hatte. (siehe dazu auch die Studie von Petra Hemmelmann von der Uni Eichstätt: http://www.taz.de/!66448/ )

     

    Daneben macht der FOCUS nicht nur offensiv Pro-Atom-Propaganda und lässt immer wieder unwissenschaftliche Klimaleugnern Artikel schreiben oder bringt sogar solch dümmliche Titelgeschichten wie "Die globale Erwärmung ist gut für uns!": http://www.klima-luegendetektor.de/2010/11/29/focus-koennen-die-kein-englisch/

     

    Weitere Propaganda-Heldentaten des FOCUS kann man auch hier nachlesen:

    http://www.klima-luegendetektor.de/tag/focus/

  • RH
    Reinhard Huchthausen

    Eigentlich eher traurige Themen, die hier angesprochen werden (stern, ZDF, Focus, Verhoeven). Aber unsere geschätzte Reporterin bringt uns wie immer dazu, dass wir ihre Texte mit großem Vergnügen lesen. So wie sie das tut, sollte man generell mit dem Leben umgehen: auch im schlimmsten Elend (z.B. stern, ZDF, Focus, Verhoeven) den allerfeinsten Humor nicht verlieren.

    Dankeschön.

  • D
    Don

    Wieso ältere Menschen, ältere Magazine die nicht wahrhaben wollen das sich die Welt weiterdreht. Übrigens sind die Masse der älteren Kollegen bereits entfernt worden vom sonnendeck. Bleibt halt nur noch über die guten alten Zeiten zu schreiben, so aus der Sicht des langjährigen Praktikanten, oder des freiberuflichen Redakteurs mit hartz4 Zuschuss. Der neueste Ansatz, frag die Mitarbeiter ob die nicht gute Ideen haben, es gibt auch ganz sicher eine angemessene Vergütung in Form eines Kugelschreibers.

  • F
    FSK22

    LOL! Vielen herzlichen Dank an Frau Burmester, die Kriegsreporterin, für diesen herrlichen Kommentar!

    Ein einziges Mal in meinem ganzen Leben habe ich den FOCUS entgeldlich erworben - wider besseres Wissen - und ich wurde bitterlich enttäuscht. Bzw. besser gesagt, meine schlimmsten Befürchtungen wurden mehr als bestätigt.

    Der Titel damals war so vielversprechend, wegen der menschlichen Note und so, der hat mich auf emotionaler Ebene dermaßen angesprochen, dass ich nicht anders konnte, als das Heft in den Einkaufswagen zu schmeißen. Aber im Inneren...

    Das pure Grauen: Sogenannte Artikel von 2 Seiten Länge oder weniger, irgendwelche Rankings und Umfrageergebnisse, neoliberales Hurra-Geschwätz über Wohlstand, Leistung, Aufschwung, Jobwunder blah blah blah...

    Und über allem schwebt der äußerst schwerwiegende (Sorry, ich hatte keine Wahl!) Geist von Helmut Markwort.

    Nein, danke!

  • H
    holga

    Was hat die Autorin nur gegen ältere Menschen? Nächste Frage: Reicht das?