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Kolumne Die KriegsreporterinSchwangere und ihre Brüllbrut

Kolumne
von Silke Burmester

Die alte denkmalgeschützte Kantine des „Spiegel“ zieht ins Museum. Und der Ex-MDR-Unterhaltungschef ist nicht bestechlich, nur geschäftstüchtig.

Da wird der Zollstock nicht richtig angelegt und zur Eröffnung ist die Bude nicht fertig: die alte Kantine des Spiegel-Verlags. Bild: dpa

H allo taz-Medienfront! Lustig ist das Museumsleben, faria-faria-ho! Zumindest, wenn man in Hamburg arbeitet und die legendäre und unter Denkmalschutz stehende Kantine des Spiegel Verlags in Teilen aufbauen will. Dann räumt man eine größere Fläche frei, beauftragt ein renommiertes Architekturbüro und lädt lustig viele Leute zum Angucken ein!

Und weil so ein Architekturbüro total Wichtiges zu tun hat, und es ja nur darum geht, so ne alte Klitsche aufzustellen, wird gebummelt und der Zollstock nicht richtig angelegt und am Abend der Eröffnung ist die Bude nicht fertig.

Das war sehr lustig, letzte Woche im Museum für Kunst und Gewerbe, wo man im Dreiviertelfertigen stand und nur froh war, dass die Deckenkonstruktion nicht auf einen herunterrauschte. Wobei ich ja einen Helm habe! Schön auch zu wissen, dass der Spiegel das Aufstellen quasi selbst bezahlt hat.

Bild: Eva Häberle
Silke Burmester

berichtet wöchentlich von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.

Das Museum, das vor allem Werbeausstellungen für Firmen wie Ikea und Apple ins Haus holt oder fertige übernimmt, die so viel künstlerischen Anspruch haben wie Udo Lindenberg Haare auf dem Kopf, braucht das Geld schließlich. Keine Ahnung wofür. Einen Besuch wert ist der Aufbau der Kantine vor allem für diejenigen, die immer davon geträumt haben, beim Spiegel zu arbeiten. Die können noch einmal gucken und der verpassten Chance nachweinen – zumindest der, Teil eines Verner-Panton-Kunstwerkes gewesen zu sein.

Seine Chance verpasst hat auch der MDR. Und zwar deutlich zu machen, dass der MDR keine Selbstbedienungsanstalt ist. Dort nämlich findet man es nicht weiter tragisch, dass der ehemalige Unterhaltungschef Udo Foht sich vom Manager der Sängerin Helene Fischer Geld geben ließ. Offiziell als „Darlehen“ bezeichnet, damit genug Moneten für die Produktion der Sendungen zusammenkäme, in denen Fischer auftreten sollte. Was ein erstes „Hä?!“ zur Folge hat, schließlich nahm man bislang an, der öffentlich-rechtliche Rundfunk hätte aus den Gebühren genug Kohle für das ganze Trallafitti.

Und dass Foht gegen Honorar Moderationstexte für Fischer schrieb, findet man beim MDR auch in Ordnung, schließlich hatte er die Nebentätigkeit angemeldet. Nach welcher Zielsetzung, so meine bescheidene Frage, dürfen Führungskräfte dort wirken? Nach der: „Ich baue mir ein Reich und werde dadurch reich?“

Nach dem Motto „Any press is good press“ war eine Dame so mutig, mir eine Pressemitteilung zu einem neuen Webradio zu schicken. Nicht ohne mir ihre „vorzügliche Hochachtung“ zum Ausdruck zu bringen. Da auch ich nicht frei davon bin, mich vom Ausdruck der Achtung einwickeln zu lassen, möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen und auf das Webradio aufmerksam machen. Es ist ein Musiksender, dessen Programm sich an Kinder bis zu drei Jahren und Schwangere richtet.

Ja, richtig, Radio für Schwangere und ihre Brüllbrut. Das Angebot variiert zwischen Pling und Plang, Klimperdibimper und Frühgeburten verhindernden Harfentönen. Die dargebotenen Songs, selbstverständlich positiv durch Ärzte, Hebammen und Psychologen bewertet, sind käuflich erwerblich, das Programm ist in vielen Weltsprachen abrufbar. Aber auch Spenden sind willkommen. Schließlich geht es um Großes: „Die ausgewählten Ideen und Gedanken, die zur Entwicklung einer noch sensibleren und besseren Gesellschaft beitragen, werden von uns gefördert und verbreitet.“ Dem möchte auch ich mich nicht verschließen: Schwangere! Babys! Scheißt auf Occupy! Hört www.de.radio4baby.com! Das Yanni-Poster aus dem Schrank holend zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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3 Kommentare

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  • V
    vic

    Yanni? WTF?

    Hab mal "gesuchmaschint". Das Video konnte ich leider nicht ansehen, da die GEMA die Rechte daran "nicht eingeräumt" hat. Aber das ist ein anderes Thema.

    Achtung Baby!

  • I
    ion

    "Ja, richtig," das Stichwort ist: "Brüllbrut"; Und genau jene wird dem 'anspruchsvollen' Projekt: "Entwicklung einer noch sensibleren und besseren Gesellschaft" dann, irgendwann, 'Gott-sei-Dank', 'in schā'a llāh', etc. zum Endsieg verhelfen – nicht durch eine altertümliche Handy-App, sondern durch frischen Transhumanismus.

  • A
    anke

    Wem gehört der MDR? Ganz einfach: Der Laden gehört denen, die sich da selbst bedienen. Ist doch klar: Wer umsonst an den Zapfhahn darf, ist mindestens Kellner, wenn nicht Inhaber der Kneipe. Gäste haben zu zahlen. Wozu wären sie sonst gut? Und nachdem das nun geklärt wäre, braucht sich auch niemand mehr über Investitionen zu wundern. Wenn der Manager der Sängerin Helene Fischer (Who the fuck...?) glaubt, dass sein Schützling Starthilfe in Gestalt eines gekauften Auftritts braucht, dann sucht er sich halt eine Kneipe, deren Chef vom Bier allein nicht leben kann. In dem Fall hieß der Chef Foht. Und genau wie andere Chefs war er unzufrieden mit dem, was er schon hatte. Genug ist halt nie genug, nicht wahr. Schon gar nicht für Chefs und solche, die es werden oder bleiben wollen. Die müssen schließlich ihre Kompetenz jeden Tag neu unter Beweis stellen. Und wie ginge das besser als mit permanentem Wachstum? Wenn schon nicht für alle, dann doch wenigstens für den Chef. Dass die ersehnte Knete in dem speziellen Fall mit staatlicher Hilfe zwangsrekrutiert wird – Schwamm drüber. Dann doch erst recht! Wäre ja noch schöner, wenn man Chancen, die man bekommt, nicht gnadenlos missbrauchen dürfte! Wo leben wir denn? Eben: In Deutschland. In dem Land, das (beinahe) Weltmeister ist in der Kategorie "Reich werden durch Reichsgründung". Und weil in dieser Disziplin noch immer jeder Druck ein guter Druck war, egal, ob er auf Papier oder auf menschliche Seelen ausgeübt wird, werden wir gewiss noch viel zu hören bekommen. Auch von radio4baby und seinen MacherInnen. Mehr jedenfalls als von Yanni. Wer immer das sein mag. Irgend so ein Grieche halt, denke ich mir...