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Kohls Stasiakten bleiben geheim

BERLIN dpa ■ Exbundeskanzler Helmut Kohl (CDU) hat sich im Rechtsstreit um die Veröffentlichung von Stasiakten durchgesetzt. Das Berliner Verwaltungsgericht gab am Mittwoch Kohls Klage statt, mit der dieser die Veröffentlichung von Akten, die ihn betreffen, verhindern will.

Mit dem Urteil hat das Gericht erstmals über die Frage entschieden, ob Stasiakten über westdeutsche Politiker von der Stasi-Unterlagen-Behörde herausgegeben werden dürfen. Das Gericht kippte nun die fast zehnjährige Praxis der weitgehenden Veröffentlichung von Unterlagen über Prominente mit diesem Grundsatzurteil.

Kohls Anwälte sagten nach dem Urteil, das Stasiunterlagengesetz habe „eindeutig dem grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht des Opfers den Vorrang gegenüber dem Interesse an der Aufarbeitung der Stasi-Tätigkeit eingeräumt“. Dagegen hatte die Bundesbeauftragte Marianne Birthler immer erklärt, die jahrelange Praxis der Aktenherausgabe sei bedeutsam für die Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Unterstützung hatte Kohl von Birthlers Dienstherrn, Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) erhalten, der in der Veröffentlichung der illegal gesammelten Informationen einen Verstoß gegen die Grundrechte sieht. Und der Spenden-Untersuchungsausschuss verzichtete auf die Stasidokumente, weil sie nicht auf rechtsstaatlicher Grundlage erstellt wurden.

Mehr als 6.000 Seiten Papier umfassen die Akten, die die Birthler-Behörde zu Kohl zusammengetragen hat. Die DDR-Staatssicherheit hatte Dutzende Mitarbeiter auf den damaligen Kanzler angesetzt. Rund 2.500 Seiten davon – darunter auch zusammenfassende Berichte über abgehörte Telefonate, aber keine Berichte zur Privatsphäre – hält die Stasi-Unterlagen-Behörde für veröffentlichungswürdig.

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