: Kohle ohne Ende
■ Stadtwerke Bremen sind zum zweitgrößten Kohle-Importeur Deutschlands gewachsen / Für 1996 zwei Millionen Tonnen-Umschlag angepeilt
Unternehmen können Marktnischen nutzen oder schaffen, um Geld zu verdienen. Die im Juli endgültig zu 49,9 Prozent an Veba, Ruhrgas und Tractebel verkauften Stadtwerke Bremen haben sich für die kreative Lösung entschlossen. Rechtzeitig vor Auslaufen des Jahrhundertvertrages zum 31.12.1995 und den damit angehobenen Importquoten für Steinkohle, haben die Stadtwerke im vergangenen Sommer die Wilhelm Worm GmbH gegründet. Über die Worm-Kohle kaufen sie in Südafrika und Kolumbien, Indonesien oder den USA billige Kohle und verkaufen an Stadtwerke und Unternehmen von Hannover bis Magdeburg.
Das lohnt sich. In Indonesien koste eine Tonne Kohle rund 8,50 Dollar, in Deutschland müssen die Bergbauunternehmen bis zu 300 Mark für den Abbau hinlegen, so Bernd Gabriel, Chefeinkäufer der Bremer Stadtwerke und Geschäftsführer der Worm GmbH. Der Preisvorteil von Indonesien oder Kolumbien rühre daher, daß dort flächenfressend die Kohle im Tagebau gefördert wird. Zudem arbeiten die asiatischen oder amerikanischen Kumpel bedeutend billiger als ihre Kollegen an der Ruhr unter Tage. Auf dem Weltmarkt werden die Energiebrocken für 70 bis 80 Mark pro Tonne gehandelt. Für Importkohle geben die Stadtwerke damit nur ein Viertel wie für heimische Kohle aus, die rund 240 Mark pro Tonne kostet.
Hinzu kommen die günstigen Frachtraten aus Übersee: „Ein Binnenschiff nach Bremen ist teurer, als ein Schiff aus den USA“, sagt Gabriel. Die Übersee-Schiffe schippern bis zu 70.000 Tonnen Kohle heran. Seitdem die Schleuse des Bremer Industriehafens vertieft wurde, können sie bis an das Weserkraftwerk heran und dort entladen. Eine Hälfte mußten sie wegen des Tiefgangs bereits in Nordenham auf Binnenschiffe verladen, die dann weiter die Weser rauffahren und ihre Fracht dort verkaufen. Im vergangenen Jahr haben die Stadtwerke über Nordenham rund 600.000 Tonnen Kohle umgeschlagen, zusätzlich zu den 1,2 Millionen Tonnen, die im Kraftwerk verheizt wurden. 1996 hoffen die Stadtwerke insgsamt zwei Millionen Tonnen zu importieren.
Auf den internationalen Kohlemärkten kennen sich die Stadtwerke Bremen aus. Seit sechzig Jahren kaufen sie billige Importkohle, sagt Eugen Jochum, Vorstandssprecher der Bremer Stadtwerke. In der Vergangenheit konnten die ehemals städtischen Energieversorger über den Preisvorteil ihre Rendite hochschrauben und Managementfehler ausbügeln. Eine Studie des Kölner Verbandes kommunaler Unternehmen setzte die Stadtwerke Bremen im vergangenen Jahr auf die letzten Listenplätze im Vergleich zu anderen kommunalen Unternehmen. Wenn die Billigkkohle aus Übersee nicht gewesen wäre, hätte es um die Bremer noch schlechter gestanden.
Noch schweigt sich Eugen Jochum über Umsatz und Gewinn des Kohlehandels aus. Aber schon jetzt sind die Stadtwerke Bremen zum zweitgrößten kommunalen Kohleimporteur Deutschlands nach Preussen Elektra gewachsen. Der Mengenimport lohnt sich dabei nicht nur im Handel. Jochum: „Wir sind daran interessiert, über größere Mengen, den eigenen Beschaffungspreis zu optimieren.“
ufo
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