piwik no script img

„Kohl überhaupt nicht geistreich“

■ Ausländische Stimmen zum Ergebnis der Bundestagswahl / Jeder interpretiert die Zahlen nach seinem Gusto / Neues Deutschland: Grüne die „wirklichen Aufsteiger“

Berlin (dpa/taz von Kohl mit der Geiselaffäre im Libanon in Verbindung gebracht. Die Reagan–Regierung könne mit dem Ausgang der Wahl in Bonn zufrieden sein, hieß es in ersten Kommentaren. Von der US–Regierung gab es bis Redaktionsschluß noch keine Stellungnahme. Die sowjetische Nachrichtenagentur TASS dagegen stellte die „beträchtlichen Verluste der CDU/CSU“ heraus, die auf die bedingungslose Unterstützung der US–Aufrüstungspolitik und den Versuch, sich von der Entspannungspolitik loszusagen, zurückzuführen seien. Als die „wirklichen Aufsteiger bei den Wahlen“ bezeichnete das Neue Deutschland (Zentralorgan der SED) die Grünen. In Polen wertete die Agentur PAP das Ergebnis als Bremse für „die Kräfte des Nationalismus und Revanchismus“. Die britische Wirtschaftszeitung Financial Times nennt den Wahlausgang „Helmut Kohls schwachen Erfolg“. Der Kanzler solle nun eine Pause einlegen und seine Rolle in der Welt überprüfen. Seine Regierung habe sich behauptet, weil die Wirtschaft auf „vollen Touren läuft“. Der Guardian betont die gewachsene Bedeutung der FDP als „Gegengewicht gegen den wachsenden Rechtstrend in der CDU“. In Frankreich weist die linke Liberation auf die Bedeutung des Wahlergebnisses für die FDP und Genscher hin. „Der hinkende Sieg des Helmut Kohl“ nennt der liberal–konservative Corriere in Italien das Wahlergebnis. „Die großen Parteien haben den denkbar deutlichsten Rüffel vom Wähler gekriegt - der hat offenbar weder Kohls Schönfärberei noch Raus miesepetrige Katastrophenprogrammatik honoriert“, so der Kommentar im staatlichen Rundfunk RAI. Die PCI–Parteizeitung LUnita schrieb: „Deutschland hat offenbar keine Lust, nach rechts abzuwandern. Strauß, ewiger Promotor gegen eine meist nicht einmal allzu entschlossene, doch alles in allem ausgeglichene Ostpolitik, wurde wieder einmal gestoppt.“ „Konservativ ist nicht in“, kommentiert auch die Neue AZ, das Organ der österreichischen Sozialisten. „Helmut Kohl ist ein äußerlich wenig attraktiver Mann, überhaupt nicht geistreich in Pressekonferenzen und unfähig zur Selbstdarstellung.“ So erklärt die konservative ABC in Spanien ihren Lesern das Wahlergebis in der BRD.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen