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Kohl für Generalinventur

■ SPD fordert 40-Milliarden-Anleihe

Bonn (AFP/taz) – Die Bundesregierung hat gestern ihre Forderung nach einem grundlegenden gesellschaftlichen Wandel zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland bekräftigt. Wirtschaftspolitische Maßnahmen allein reichten nicht aus, gebraucht werde eine „Generalinventur“, sagte Bundeskanzler Helmut Kohl zum Auftakt des Forums „Zukunftssicherung des Standortes Deutschland“. Der Kanzler hat aber, wie einst die blühenden Industrielandschaften im Osten, bereits den Aufschwung ausgemacht, den nur noch Streiks verhindern können. Kohl verwies auf die steigende Zahl von Auslandsaufträgen beim Maschinenbau. Nur im Osten läuft nicht alles nach Plan: Die neuen Länder werden, wie Kohl eingestehen mußte, auch weiter auf Geld aus dem Westen angewiesen sein. Zwischen dem, was im Osten ausgegeben und dem, was dort erwirtschaftet werde, klaffe eine Lücke von jährlich 200 Milliarden Mark, so der Kanzler.

Günter Rexrodt (Motto: „Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt“) folgte brav seinem Kanzler und geißelte die „Erstarrung“ in Deutschland, die gesellschaftlich und ökonomisch „das Ende“ bedeute. Wie nicht anders zu erwarten, fiel dem Wirtschaftsminister zur Standortsicherung nicht mehr als die kürzlich veröffentlichten Vorschläge der Bundesregierung für mehr Wachstum und Beschäftigung ein, um am Ende wieder bei seinem Lieblingsthema, dem Abbau „leistungsfeindlicher Regulierungen und bürokratischer Investitionshürden“, zu landen.

Die SPD warf der Koalition vor, vor dem Standortproblem kapituliert und die Standortdebatte auf „Verteilungsfragen“ reduziert zu haben. Sie regte eine 40-Milliarden-Staatsanleihe an, mit der Investitionen in zukunftsträchtige Branchen finanziert werden sollen. Auch der DGB lehnt die „neoliberale Angebotspolitik“ der Regierung weiter strikt ab und warnte vor einer „ideologisch orientierten Deregulierungs- und Privatisierungsstrategie“.

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