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Kohl braust auf

■ Fünf Tage vor den Landtagswahlen präsentiert sich der Kanzler mißmutig

Bonn (taz) – Warum hat es dem Kanzler nur niemand gesagt? In der Laune eines aggressiven Grantlers läßt sich nicht sehr überzeugend der Harmonisierer darstellen, der angesichts großer Herausforderungen Optimismus, Kompetenz und Kontinuität vorführen will. Genau das aber probierte Helmut Kohl fünf Tage vor den Landtagswahlen vom Sonntag gestern vor der Bundespressekonferenz. Gegenüber hartnäckigen Fragern, die vor allem seine Pläne zur Sicherung des Haushalts interessierte, wurde der Kanzler da schon einmal aufbrausend.

Dabei provozierte der offensichtlich mißgelaunte Regierungschef die Gründe für die Nachfragen durch die Dürftigkeit seines Vortrags und vage Ankündigungen. So weigerte sich Kohl trotz mehrfacher Bitten, ein zitierbares Versprechen über die Lippen zu bringen, wonach es in den Wochen nach den Wahlen keine Mehrwertsteuererhöhung geben werde.

Unscharf verwies Kohl auf angebliche eigene frühere Absagen an ein solches Vorhaben: „Ich habe nicht die Absicht, jeden Tag das gleiche zu sagen.“ Weder zur Höhe der Schulden noch zu den Methoden der notwendigen Etatsanierung machte der Kanzler Angaben. Wie die Bundesregierung dann die Haushaltslöcher stopfen wolle? Waigel habe schon das Nötige gesagt: „Alles weitere wird sich dann regeln.“

Seien von der Bundesregierung dann Eingriffe in Leistungsgesetze geplant? „Das kann man nicht pauschal beantworten.“ Was denn dann? „Wir bereiten Einsparungen vor, wir werden sie dann veröffentlichen, Sie können sie dann kommentieren.“ Der großen Koalition erteilte Kohl nur indirekt eine Absage, wobei er vermied, sozialdemokratische Spitzenpolitiker namentlich zu attackieren: Die Regierung sei handlungsfähig und brauche „keine Veränderung unserer Koalitionsbasis“.

Die SPD brauchte Kohl gestern nur zur Schuldzuweisung: Die Bundesratsmehrheit blockiere die von der Koalition auf den Weg gebrachten Sparvorhaben, wie etwa die Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes.

Optimismus verbreitete der Kanzler im Hinblick auf die Wirtschaftsentwicklung: Es gebe keinen Grund, einen wirtschaftlichen Niedergang an die Wand zu malen, Experten sagten eine Beschleunigung des Wachstums voraus. Ausdrücklich bekräftigte Kohl das Ziel, die Arbeitslosenzahlen bis zum Jahr 2000 zu halbieren.

Nur eine neue Information entschlüpfte dem Regierungschef am Rande: Eine Verlängerung der Bundeswehrpräsenz in Exjugoslawien über ein Jahr hinaus schließt Kohl offenbar nicht aus. „Ich kann im Augenblick noch nicht abschätzen, was der Bosnien-Einsatz kostet und wie lange er dauert“, antwortete er auf Fragen nach dem Verteidigungsetats.

Übrigens: Wer das gestrige Selbstlob über vollbrachte und geplante eigene Großtaten und den Bonner Stillstand mit den Landtagswahlen in Verbindung brachte, holte sich vom Kanzler eine herbe Abfuhr: „Das hat doch mit dem Sonntag nichts zu tun.“

Hans Monath

Kommentar Seite 10

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