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Kofferpacken in Maryland

Beim Nahost-Gipfel in den USA droht die israelische Delegation mit sofortiger Abreise. Aber dann wird doch noch weiterverhandelt. Eine Einigung scheint in Sicht  ■ Von Georg Baltissen

Jerusalem (taz) – Die Koffer waren schon gepackt. Unverhohlen drohte die israelische Delegation Mittwoch nacht mit der Abreise vom Nahost-Gipfel im US- Bundesstaat Maryland, trotz aller Bemühungen des US-Präsidenten Bill Clinton und der Einschaltung des jordanischen Königs Hussein. Welchem Umstand es zu verdanken ist, daß die Koffer wieder ausgepackt wurden, blieb gestern unklar. Doch dürfte auch Israels Ministerpräsident Netanjahu klar geworden sein, daß er nur verlieren kann, wenn er den Gipfel zum Scheitern gebracht hätte. Zu sehr hatten sich die US-Regierung und Clinton persönlich um den Abschluß eines Abkommens bemüht.

Doch die von Israel geforderte erneute Annullierung der PLO- Charta durch den palästinensischen Nationalrat und die Überstellung von Hamas-Attentätern, die in palästinensischen Gefängnissen inhaftiert sind, an Israel kann Palästinenserpräsident Jassir Arafat nicht zugestehen, wenn er zu Hause nicht vollends sein Gesicht verlieren will. Auch einem dritten Teilrückzug der israelischen Truppen aus dem Westjordanland in Höhe von nur einem Prozent, den Netanjahu festklopfen will, mag Arafat nicht zustimmen. Übereingekommen war man anscheinend bereits darüber, daß der US-Geheimdienst CIA die Inhaftierung von Hamas-Attentätern überwachen soll. Damit würde eine Überstellung an Israel ausgeschlossen.

Daß dies Netanjahu noch nicht genug war, kann nur mit heimischem Druck erklärt werden. Der israelische Ministerpräsident muß um die Mehrheit seiner Koalition fürchten, sollte er mit einem unterzeichneten Abkommen nach Israel zurückkehren. Seit zwei Tagen blockieren die Siedler Straßenverbindungen im Westjordanland. Sowohl die Moledet-Partei als auch die „Groß-Israel-Front“ verschiedener Parlamentarier will einen Mißtrauensantrag gegen die Regierung einbringen, sobald der mögliche Deal im israelischen Kabinett verabschiedet ist und der Knesset vorgelegt wird.

Andererseits demonstrierten Hunderte von Palästinensern im Westjordland und im Gaza-Streifen gegen weitere palästinensische Zugeständnisse. Sie verbrannten in Gaza und in Ramallah israelische und US-amerikanische Flaggen und zeigten demonstrativ ihre illegalen Waffen, deren Beschlagnahme Netanjahu von Arafat und den palästinensischen Sicherheitsbehörden fordert. Umstritten ist auch die israelische Forderung nach einer Reduzierung der palästinensischen Polizeikräfte um ein Drittel, von gegenwärtig 36.000 auf dann 24.000 Mann. Israel beschuldigt die Palästinenser überdies, auch schwere Waffen erworben und ins Land geschmuggelt zu haben.

Trotz all dieser Hindernisse scheint der Erfolg des Nahost-Gipfels jetzt garantiert zu sein. Weder Netanjahu noch Arafat dürften es sich leisten können, den US-Präsidenten zu düpieren und ohne greifbare Ergebnisse abzureisen. Freilich kann die mögliche Unterzeichnungszeremonie im Weißen Haus in Washington nicht darüber hinwegtäuschen, daß ein erhebliches Vertrauensdefizit zwischen Israelis und Palästinensern bestehen bleibt. Auch gewährt die Rückzugsfrist von drei Monaten Netanjahu bei jedem Anschlag die Möglichkeit, die Umsetzung des Abkommens wieder auszusetzen.

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