: Koalition demontiert den Paragraphen 218
■ Einigung auf Gesetz zur Verschärfung der Beratungsrichtlinien bei Abtreibung / AIDS–Maßnahmenkatalog / Keine Meldepflicht
Bonn (dpa/taz) - In den Koalitionsverhandlungen einigten sich CDU, CSU und FDP auf die Grundzüge eines bundesweiten Gesetzes zur Beratung bei Schwangerschaftsabbrüchen. Die befürchtete Verschärfung der Beratungsrichtlinien, die sich vor allem gegen die Beratungseinrichtung Pro Familia richten, ist damit eingetreten. Beratungsstellen, die vor einem Schwangerschaftsabbruch aufgesucht werden müssen, sollten nur anerkannt werden, wenn sie auch zugunsten des ungeborenen Kindes berieten. Ihre Mitarbeiter müßten die erforderliche Sachkunde nachweisen, die Beratung müsse in der Regel vor der Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch durch einen Arzt erfolgen. Nur diejenigen Ärzte sollten ihr Honorar für einen Schwangerschaftsabbruch mit den Kassen abrechnen können, die ihrer Pflicht zur anonymen Meldung eines solchen Eingriffs gegenüber dem Statistischen Bundesamt nachkämen. Von einer Verlängerung der Frist zwischen Indikation und Abbruch von drei auf fünf Tage war nicht mehr die Rede. Die Koalitionsrunde einigte sich nach Geißlers Worten auf einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung der meist tödlichen Immunschwäche AIDS. Dafür sollen die bisherigen Mittel von 20 Millionen um 135 Millionen Mark aufgestockt werden. Sie sollen zur verstärkten Forschung und zur Betreuung von AIDS–Kranken zur Verfügung stehen. Eine Meldepflicht ist nicht vorgesehen, wohl aber eine Berichtspflicht der Labore. Dabei sollen HIV–positive Testergebnisse ohne genaue Angaben zur Person der Erkrankten oder der mit AIDS Infizierten an ein Zentralregister gegeben werden. Einig ist sich die Koalition, daß gegen Personen, die „rücksichtslos und vorsätzlich“ andere mit dem HIV–Virus infizieren und AIDS verbreiten, mit „allen rechtlichen Mitteln“ vorgegangen werden muß. Das Kindergeld für das zweite und alle weiteren Kinder soll erhöht werden, sagte Geißler, ohne eine Summe hierfür zu nennen. Das Erziehungsgeld, das nach bisheriger Planung von 1988 an für ein Jahr gezahlt wird, soll künftig für einen längeren Zeitraum gewährt werden. Auch der Erziehungsurlaub werde verlängert. Die Unionsparteien beharren in den Koalitionsverhandlungen mit der FDP weiterhin auf Gesetzesänderungen zur inneren Sicherheit und insbesondere zur Verschärfung des Demonstrationsstrafrechts. Geißler sagte auf Fragen von Journalisten, es sei für die Union schwer verständlich, warum sich die FDP dagegen wehre, Vermummung und passive Bewaffnung bei Demonstrationen zu verbieten. Auch die Kronzeugenregelung müsse zur Sprache gebracht werden. Der CDU–Generalsekretär Heiner Geißler versicherte aber zugleich, die Verhandlungen würden nicht scheitern, wenn in dem einen oder anderen Punkt keine Einigung erzielt werde.
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