■ Vorschlag: Knorker Nord-Hammer-Rock: Motorpsycho im Knaack-Club
Bei den meisten Rockbands ist nach der dritten Platte alles vorbei. Obwohl sie dann endlich Songs schreiben können und ihre Instrumente fein und perfekt beherrschen, setzt zu diesem Zeitpunkt die Langeweile ein. Unbedarftheit und Frische fehlen plötzlich, der Novelty-Effekt auch, und Muckertum wird zum Maß aller Dinge, oft ohne daß die Bands es merken. Würde man daraus eine Regel machen, dürfte nach Motorpsycho kein Hahn mehr krähen. Die Band aus dem norwegischen Trondheim macht schon seit einer halben Ewigkeit Platten und betourt diese wie ein Weltmeister.
Doch statt nun perfekter und damit schlechter und öder um die Ecke zu kommen, schnüren Motorpsycho Jahr für Jahr neue Überraschungspakete und werden damit, o Wunder, sogar erfolgreicher. Verdientermaßen: Motorpsycho machen exzellente Rockmusik in Zeiten, wo diese im Ruf steht, nicht unbedingt das Avancierteste der Welt zu sein. Die Band mit den drei Supergrass-Lookalikes weiß das, schert sich nicht drum und spielt getreu der Devise: Like Daft Punk never happened. Und wie das gerade bei skandinavischen Bands oft der Fall ist, sind auch die Platten von Motorpsycho sehr freie und lockere Stilübungen. Diese Band kennt sich aus und läßt sich von schwer lastenden Traditionen nicht den Weg verstellen. Unter anderem in ihrem Angebot: ein hübsch gefakter Country-Soundtrack, eine Split-Single mit Alice Cooper, eine fast metalmäßige Platte und auch ein Psychedelic-Monster, um das sie seinerzeit sogar Monster Magnet und Kyuss beneidet haben.
Mit „Angels And Demons At Play“ beschreiben sie ihren Weg in die Neunziger. In dieses Album wollten Motorpsycho der Abwechslung halber mal alles auf einmal packen, „halt wie es uns gerade kam“, und so surfen sie in alter, wilder, eklektischer Manier durch die Epochen des Rock, daß es nur so eine Freude ist: operettenhafte Spätsechziger-Soundscapes, Siebziger-Psychedelia, Achtziger-Noise, Schlacker-Rock und Knusper-Pop. Vorgeführt mit einer Unbekümmertheit, die Motorpsycho davor schützt, bloß epigonal zu sein. Schließlich handhabt man das in Trondheim sowieso anders: „Take the wheel of the world and ... drive!!“ Gerrit Bartels
Ab 21 Uhr im Knaack-Club, Greifswalder Str. 221
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen