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Knastneubau jetzt doch in Oslebshausen

■ Kein Wort mehr von der „grünen Wiese“ / Niedersachsen will keinen gemeinsamen Neubau mehr / Oslebshauser Beirat in Abwehrstellung / Kinder- und Jugendfarm bedroht?

Kehrt marsch! Das ist das neue Motto der Bremer Justizbehörde in Punkto Knastneubau. Denn die alten Überlegungen von einem 750-Personen-Knast „auf der grünen Wiese“, gemeinsam mit Niedersachsen, sind offenbar vom Tisch. Das bestätigte gestern im Rechtsausschuss Justizstaatsrat Ulrich Mäurer, nachdem der grüne Justizpolitiker Hermann Kuhn Auskunft über Gerüchte gefordert hatte.

Nun soll der alte Standort offensichtlich der neue sein. Im Januar gibt es einen gemeinsamen Termin mit dem Oslebshauser Beirat, um das Gelände hinter der jetzigen Anstalt zu begehen – wo der Neubau hin soll. Der soll gemäß der Roland Berger-Idee so konstruiert sein, dass weniger Personal zum Einsatz kommt und neue Technik die Unterhaltungskosten senkt. Grundsätzlich sollen die alten Häuser, in denen derzeit der Vollzug stattfindet, aufgegeben werden, bestätigt Justizsprecherin Lisa Lutzebäck. Höchstens die Werkstätten sollen in das neue Areal einbezogen werden, wenn der Neubau näher an der Bahnverbindung zwischen Bremen und Bremerhaven entsteht.

Insgesamt wird mit 550 bremischen Haftplätzen sowie mit 100 Plätzen für niedersächsische Untersuchungshäftlinge kalkuliert. Von den 200 Plätzen für Strafhäftlinge aus Niedersachsen, die für einen Großknast im Gespräch waren, will heute niemand mehr etwas wissen. In Niedersachsen heißt es: „Wir haben jetzt genauer kalkuliert und erwarten sinkende Häftlingszahlen.“

Für die bremische Abkehr vom Neubau auf der grünen Wiese, den Justizstaatsrat Mäurer noch vor Jahresfrist öffentlich als Ideallösung gepriesen hatte, werden aber auch andere Gründe genannt. Nach langer Suche habe sich herausgestellt, „dass wir nirgendwo willkommen sind“, so Mäurer. Ressortintern werden auch Kostenfaktoren angeführt: Eine Anstalt außerhalb Bremens hätte hohe Fahrtkosten und -zeiten für Bedienstete bedeutet, wenn diese Häftlinge bei Gericht vorführen müssen. Auch hätten schlechte Zuwegung und fehlender Nahverkehr dagegen gesprochen – alles Argumente, die Vollzugsbedienstete schon bei Bekanntwerden der Pläne angebracht hatten.

Politischer Sprengstoff ist auch hinsichtlich des Frauenknasts entschärft worden. Denkbar sei, die überwiegende Mehrzahl der inhaftierten Bremerinnen künftig am Neubau in Oslebshausen anzugliedern, so Ressortsprecherin Lutzebäck. Dabei betont sie, dass es aber noch keine verbindlichen Planungen gebe. Die urspüngliche Absicht des Ressorts, die Frauenhaftanstalt im Blockland zu schließen und alle weiblichen Gefangenen aus Bremen nach Niedersachsen oder Hamburg zu verlegen, war scharf kritisiert worden.

Im Oslebshauser Beirat spricht man unterdessen schon von einer „Gefechtslage“. Der Widerstand sei gut organisiert – denn die Verlegung der Anstalt bedeute den Verlust der mit EU-Mitteln geförderten Jugendfarm. Ein nahes freiwerdendes Gebiet sei keine Alternative. Auch der Sportverein, in dem 2.000 von 8.000 OslebshauserInnen Mitglied sind, ist alarmiert.

„Ich hoffe doch, dass die große Koalition die Kraft hat, sich gegen die Einwände durchzusetzen“, lächelte dazu gestern Staatsrat Mäurer in der Ausschussitzung. Von der CDU bekam er dafür einen Rüffel: „Wir wollen doch erstmal die Einwände kennen“, so der CDU-Abgeordnete Thomas Röwekamp. Und SPD-Mann Horst Isola monierte: „Das klingt doch schon sehr nach einer Vorentscheidung“ – ohne Beteiligung der ParlamentarierInnen. Eva Rhode

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