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Knast in Frankreich

„Was heute in Frage gestellt wird bei den Gefängnisrevolten, das sind nicht Details, ob man das Fernsehen hat oder nicht, ob man Fußball spielen darf, sondern das Statut der Randplebejer, der Ausgeflippten in der kapitalistischen Gesellschaft“, sprach Frankreichs berühmtester Verfechter für menschliche Haftbedingungen, Michel Foucault, vor 16 Jahren. Als Folge der Gefängnisrevolten von 1971-75 – in den französischen Knästen herrschten oftmals mittelalterliche Bedingungen – verabschiedete die Regierung 1975 eine Gefängnisreform, die erstmals eine Debatte über die systematische Isolierung einzelner Gefangener auslöste. Eingeführt wurden damals nach Stammheimer Modell sogenannte „Quartiers de haute securite“ (QHS), Hochsicherheitstrakte, in denen man Strafverbrecher isolierte, nicht etwa aufgrund der Härte ihrer Strafe, sondern aufgrund des geschätzten Grades ihrer „sozialen Reintegrationsfähigkeit“. Die Folge: Alle unangenehmen Revoltenführer wurden in die QHS gesperrt.

Dann passierte das scheinbar Erstaunliche: Als Sozialisten und Kommunisten 1981 an die Macht kamen, hielten sie ihre Versprechen. Auf die Abschaffung der Todesstrafe folgte im Jahr 1983 auch die Abschaffung der französischen Hochsicherheitstrakte. Im Prinzip war damit eine systematische Isolationshaft fortan ausgeschlossen. Doch dabei blieb es nicht lange. Ohne daß die Öffentlichkeit zunächst davon Kenntnis nahm, führte man in den Gefängnissen eine neue Kategorie von Häftlingen ein, den sogenannten „detenu particulierement surveille“ (DPS), besonders überwachte Inhaftierte, denen die Gefängnisleitung willkürlich Isolationsstrafen aufbrummen kann. Unter diese Kategorie fallen heute neben den Mitgliedern von Action Directe zwischen 200 und 300 politische Gefangene.

Die heimliche Verschärfung der Isolierungsmaßnahmen in den französischen Gefängnissen blieb nicht ohne Folgen hinter den Knastmauern. 1985 kam es erstmals seit langem wieder zu einzelnen spontanen Revolten von Häftlingen. Zwei Jahre später, im Sommer 1987, griffen die Knastaufstände wie ein Lauffeuer von Paris über den Elsaß nach Marseille über und waren zudem mit konkreten Forderungen verbunden: An erster Stelle stand die Abschaffung der Isolationshaft. Nicht zuletzt waren es Mitglieder von Action Directe wie Dominique Poirre und Claude Halfen, die mit ersten Hungerstreiks 1985 und 1986 die anderen Häftlinge auf die Problematik der Totalisolierung aufmerksam machten. Auch vermutet man heute, daß einige der ehemaligen Hochsicherheitstrakte bereits wieder für DPS- Häftlinge in Gebrauch sind. Offiziell ist dies nicht bekannt, allerdings ist die Platznot in französischen Gefängnissen, die durchschnittlich zu über 150 Prozent überbelegt sind, kein Geheimnis. Kritiker behaupten, daß die Isolationspraxis zur Zeit der Hochsicherheitstrakte transparenter gewesen wäre als heute. Damals mußte die Gefängnisleitung darüber Auskunft geben, wer sich im QHS befand, für wie lange, seit wann und aus welchem Grund. Heute geschieht die DPS-Kategorisierung behördenintern, und niemand, nicht einmal der DPS- Häftling selbst, weiß über das Schicksal, das ihn erwartet, Bescheid.

Inzwischen gibt es im französischen Knast Überlegungen, den Hungerstreik der Action-Directe- Mitglieder aktiv zu unterstützen. Sie gehen aus von den baskischen und korsischen Gefangenen. Ein Hungerstreik ihrerseits könnte Chirac in Schwierigkeiten bringen. Anders als bei Rouillan, Menigon, Cipriani und Aubron wäre ihnen eine öffentliche Solidarisierungskampagne sicher.

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