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Klimastreß als Pflanzenkiller?

■ Landesforstdirektion Tirol nennt die Ursache für die abgestorbenen Pflanzen / Pflanzen waren vorgeschädigt / Greenpeace und Grüne bleiben skeptisch: Der Klimastreß sei nur eine von mehreren Theorien

Berlin/Innsbruck (taz) - „Klimastreß“ durch Kälte, Regen und Föhn soll die Ursache für das rätselhafte Pflanzensterben in Tirol und Teilen von Bayern sein. Dies hat die „kriminalistische Spurensuche“ der österreichischen Behörden ergeben. Die Tiroler Landesforstdirektion informierte gestern entsprechend die Presse. Nachdem alle anderen Ursachen, vor allem eine akute Schädigung durch Chemikalien, ausgeschlossen worden seien, bleibe nur der extreme Witterungseinfluß als Erklärung, erklärte der Sprecher der Landesforstdirektion, Dr. Berger, gegenüber der taz. Der Juni habe eine sehr lange Periode von Regenfällen und Kälte gebracht mit einem plötzliche auftretenden extrem warmen Föhnsturm, der die Temperaturen im Inntal auf bis zu 30 Grad hochgeschraubt habe. Dieser Temperaturschock, verbunden mit dem heftigen Sturm, habe zu einer Überaktivität einzelner Pflanzen geführt. Die dem Wind zugeneigten Pflanzenteile hätten sich daraufhin schwarz–braun verfärbt und seien abgestorben. Ungefragt ging Berger auf den Vorwurf der Abwiegelung ein: Der in der betroffenen Region verantwortliche Landesforstdirektor Scheiring sei „der größte Umweltkämpfer von Tirol“. Scheiring könne man keineswegs unterstellen, daß er eine ursächliche Beteiligung chemischer Schadstoffe an dem Blattsterben unterschlagen werde. Berger wies auch auf die hohe „Grundbelastung“ der Pflanzenwelt im Inntal hin. Durch die schon mehrfach bei Messungen festge stellte Stickoxidbelastung des Inntales seien die Pflanzen für einen Klimastreß besonders anfällig. „Die sind wie ein Boxer auf dem falschen Fuß erwischt worden.“ Die österreichischen Grünen beurteilen die Erklärungsversu che der Landesforstdirektion skeptisch. „Die Zweifel bleiben“, sagte deren chemiepolitischer Sprecher Hans–Werner Mackwitz, auch wenn man Landesforstdirektor Scheiring als „engagierten“ Umweltschützer kenne. Für Greenpeace–Österreich ist der Klimastreß „nur eine Theorie unter vielen“. Es gebe schließlich zahlreiche Umweltchemikalien, die sehr kurzlebig und nur schwer nachweisbar seien. „Die wissen einfach nicht, was der Grund ist“, sagte Greenpeace–Sprecherin Monika Kisser.

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