: Kleingärten über der Autobahn
■ Gutachten zur Überdeckelung der A7 vorab veröffentlicht
So viel Pfiffigkeit hat die Baubehörde der Bürgerinitiative „Ohne Dach ist Krach“ wohl nicht zugetraut: Weil sie nicht erst aus der Presse von dem Inhalt des Behörden-Gutachtens erfahren wollten, besorgten sich die unermüdlichen Autobahn-Deckel-Kämpfer das mehrere hundert Seiten dicke Werk selbst. Drei Tage dauerte ihre Analyse der Studie, die prüfen soll, ob das von der BI vorgelegte Konzept zur Überdachung der Autobahn A7 nördlich des Elbtunnels machbar ist. Gestern, einen Tag vor der heutigen offiziellen Verkündung durch die Baubehörde, tischten sie sämtliche Punkte auf, in denen das Gutachten irrt.
„Die Gutachter haben unser Konzept mißverstanden“, kritisierte BI-Sprecher Bernt Grabow. Sein Konzept veranschlagt den Finanzierungs-Kredit für den 2,8 Kilometer langen Deckel mit 118 Millionen Mark. Das Behörden-Gutachten errechnet stolze 396 Milliönchen, die irgendwoher beschafft werden müßten. „Ist ja klar, daß die Baubehörde uns dann sagt: das Ding ist zu teuer“, schimpft BI-Mitglied Michael Melcher.
Das Konzept der Autobahn-AnwohnerInnen will den Deckel durch Flächentausch und Steuereinnahmen finanzieren. Auf die rund 30 Hektar große Betonfläche sollen Kleingärten und Sportplätze aus Othmarschen und Bahrenfeld verlegt werden. Die so freiwerdenden Flächen sollen für Wohnungsbau und Gewerbe genutzt werden. Dazu kennzeichnete die BI auf einer Karte Beispielflächen. Das Gutachten wies nach, daß einige dieser Gebiete gar nicht austauschbar seien. Grabow: „Die haben unsere Legende nicht gelesen.“
Bau-Grundstücke erzielen höhere Preise als Gartenland. „Leider hat das Behörden-Gutachten die Wertsteigerung des Bodens nach dem Deckelbau nicht eingerechnet“, kritisiert Grabow. Weiterer „Fehler“: Die Gutachter berechneten Gewerbegrundstücke ausschließlich mit subventionierten Preisen, die in den Stadtteilen entlang der A 7 unüblich sind. Grund- und Gewerbesteuern, die durch den Verkauf der Grundstücke ins Staatssäckel fließen, tauchen in der Rechnung nicht auf.
Unklar ist, wie die Betriebskosten für den überdeckelten Abschnitt ermittelt wurden: Während für den Elbtunnel (2,9 Kilometer Länge) jährlich 5,2 Millionen für Beleuchtung und Instandhaltung ausreichen, sollen die Kosten für die etwa gleich lange Deckel-Strecke 10,2 Millionen betragen.
Schon gestern signalisierten verschiedene Behörden, daß sie auf der Grundlage „eines solchen Gutachtens“ keine Senatsentscheidung zur Deckel-Frage treffen wollen.
Heike Haarhoff
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