: Kleiner geheimer Durchbruch in Nahost
■ Israel und PLO: Autonomie für Gaza und Jericho / Interpretation noch umstritten
Israels Regierung und die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) sollen in Geheimverhandlungen zu einem fast kompletten Einverständnis über eine palästinensische Autonomie im Gaza-Streifen und der in der Westbank gelegenen Stadt Jericho gekommen sein. Dies läßt sich Äußerungen aus Kreisen der israelischen Regierung und der PLO entnehmen. Der israelische Außenminister Schimon Peres erklärte am Donnerstag gegenüber dem US-Nachrichtensender CNN auf die Frage, ob Israel den Gaza-Streifen und Jericho an die Palästinenser zurückgeben wolle: „Ja. Aber erlauben Sie mir klarzustellen: Wir sprechen von Selbstregierung, nicht von der Schaffung eines anderen Staates.“ Nach israelischen Vorstellungen soll der Plan während der am 31.August in Washington beginnenden elften Runde der Nahostgespräche von den Palästinensern vorgelegt werden. Zusammen mit einer stark verwässerten gemeinsamen Autonomie-Grundsatzerklärung, über deren Text sich PLO und israelische Regierung ebenfalls einig werden konnten, soll der Plan als erster Durchbruch im nahezu zwei Jahre dauernden „Friedensprozeß“ dienen.
Die von beiden Seiten verbreiteten Versionen der Übereinkunft unterscheiden sich allerdings stark. In der palästinensischen Fassung wird betont, daß nach dem Abzug der Israelis aus dem Gaza-Streifen und Jericho dort die PLO die Regierung übernehmen werde. Israel werde die territoriale Einheit der gesamten 1967 besetzten Gebiete anerkennen. In der israelisch-palästinensischen Grundsatzerklärung werde als Ziel die Verwirklichung der UN-Resolutionen 242 und 338 definiert, die einen vollständigen Abzug israelischer Truppen aus den besetzten Gebieten verlangen. Die Autonomieregelung für Gaza und Jericho solle nur ein Zwischenstadium bilden.
Die israelische Regierung geht dagegen davon aus, daß sie in der Zeit der Zwischenlösung auch weiterhin für die Sicherheit und sonstige Kontrolle im Gaza-Streifen und Jericho verantwortlich bleibt. Im Amt des Ministerpräsidenten wird betont, daß ein totaler militärischer Rückzug aus dem Gaza-Streifen nicht in Frage komme. Israel werde auch weiterhin die von Juden besiedelten Gebiete nicht verlassen. Israel stimmt nicht mit der palästinensischen Interpretation überein, daß die Palästinenser künftig über Gaza und Jericho völlig souverän herrschen, und ist auch nicht mit der palästinensischen Darstellung einverstanden, daß der Autonomieplan ein erster Schritt auf dem Weg zu einem selbständigen palästinensischen Staat sei. Amos Wollin
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