Kleine Vereine in der Bundesliga ganz groß: Die klassenlose Gesellschaft

Die Bundesliage steht kopf: Kleine Vereine mit weniger Etat sind den Topvereinen derzeit mindestens ebenbürtig. Das kommt jedoch nicht von ungefähr.

Von Schalke 04 an den FSV Mainz ausgeliehen: Shooting-Star Lewis Holtby. Bild: dapd

Die Begegnung zwischen Schalke und Bremen ist das Krisenduell des 13. Spieltags, denn weder Königsblau noch Grün-Weiß haben sich zu diesem Zeitpunkt je so tief im Ranking bewegt. Aktuell scheint in der Liga eh nichts mehr, wie es mal war.

Die "zementierte Gesellschaft" (Frankfurts Vorstand Heribert Bruchhagen) scheint rabiat aufgebrochen, wenn FSV Mainz (derzeit Tabellendritter/Gehaltsetat 14,5 Millionen Euro), SC Freiburg (Vierter/14,5 Millionen), Eintracht Frankfurt (Fünfter/28 Millionen) und Hannover 96 (Siebter/24 Millionen) sich nachhaltig in der vorderen Hälfte einnisten - mit einem Finanzaufwand für die Lizenzspieler, der zusammen nicht der Summe entspricht, mit der Bayern München seine Stars entlohnt.

Und das "verrückte Tabellenbild" (Bremens Vorstand Klaus Allofs) konterkariert die Ansprüche, die neben Schalke und Werder auch der HSV und der VfB Stuttgart besitzen, die ebenso deutlich mehr als 40 Millionen an Gehältern zahlen.

Woher rührt die Revolution? "Kleine Klubs können heutzutage mit einer guten Nischenpolitik und drei, vier klugen Transfers oder Ausleihgeschäften den Abstand verringern", glaubt Michael Reschke, Manager bei Bayer Leverkusen. Reschke spricht voller Hochachtung von "pfiffigen Jungs", die in Mainz, Freiburg oder Nürnberg am Werk seien.

Offenbar werden hier - anders als in der Vergangenheit - kreativere und auch mutigere Konzepte kreiert, die zumindest zeitweise den Klassenunterschied kaschieren. "Der Fußball in der Bundesliga ist besser, ausgeglichener und die Spiele sind interessanter geworden", hat Hune Fazlic, Scout bei Werder Bremen, beobachtet.

Zudem zahlt sich die Wertarbeit in den Nachwuchsleistungszentren aus, "weil mittlerweile viel mehr gute, junge und deutsche Spieler auf dem Markt sind, die sich besser verteilen können", erklärt Reschke. Patrick Dippel von der Spielanalytikfirma Mastercoach kann bestätigen, dass "Fitnesswerte und körperliche Voraussetzungen in der Liga fast identisch" seien. So legt ein Bundesligateam pro Spiel durchschnittlich 115,9 Kilometer zurück, ein Wert, den der Tabellenführer Borussia Dortmund derzeit teils deutlich übertrifft, "deren laufintensives Spiel ist objektiv zu belegen", erklärt Dippel.

Der 30-Jährige stützt aus seinen Datenbanken die These, dass sich das Niveau in der Liga angenähert hat. Der Spielanalytiker Dippel, zu dessen betreuten Kunden Bayern, Leverkusen und Stuttgart gehören, glaubt: "Ein gutes Konzept auf dem Platz kann die Etatunterschiede zumindest verkleinern."

Thomas Tuchel, der Matchplan-Meister aus Mainz, etwa führt seinem Ensemble in der Halbzeit einzelne Videosequenzen vor, um an der Taktik zu feilen. Bei der Deutschen Fußball-Liga sieht man die Momentaufnahme mit Freude. "Es kann für uns nur gut sein, dass nach dem ersten Drittel der Saison nicht gleich die oben stehen, die nach ihren Umsätzen dort stehen müssten", sagt DFL-Chef Christian Seifert.

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