Kleine Parteien vor der Wahl in Berlin: „Diese Hürden sind zu hoch“
Berlins ÖDP-Chef kritisiert, dass kleine Parteien 2.200 Unterschriften sammeln müssen, um zur Wahl zugelassen zu werden. Derzeit sei das zu viel.
taz: Herr Arnold, die ÖDP klagt gegen das Abgeordnetenhaus, weil sie sich ungleich behandelt fühlt. Was ist das Problem?
Lars Arnold: Die Politik handelt widersprüchlich: Einerseits müssen wir Kontakte reduzieren wegen der Pandemie, was ich auch völlig richtig finde. Im Gegenzug müssen aber die Auswirkungen dieser Politik auf die kleinen Parteien berücksichtigt werden. Das ist bisher nicht passiert.
Die ÖDP braucht für ihre Landesliste 2.200 Unterschriften von UnterstützerInnen. Diese Regel gilt für alle kleinen Parteien, die weder im Bundestag noch im Abgeordnetenhaus sitzen.
Diese Hürde ist unter den aktuellen Bedingungen deutlich zu hoch. Nirgendwo sonst in Deutschland benötigt man so viele Unterstützungsunterschrifen, um mit einer Landesliste zur Landtagswahl antreten zu dürfen, wie in Berlin.
Ist es unter normalen Umständen schon schwierig, diese Anzahl Unterschriften zusammenzubekommen?
Nein. Wir sind ja schon bei vielen Wahlen angetreten. Aber um 2.200 Unterschriften zu erhalten, muss man rund 11.000 Menschen anfragen.
Wie läuft das normalerweise ab: Stehen die UnterstützerInnen der Partei auf der Straße oder klingeln sie an den Haustüren?
Das bleibt ihnen überlassen. Wir machen Straßenstände, sammeln aber auch gezielt bei politischen Veranstaltungen, etwa bei der immer zur Grünen Woche stattfindenen „Wir haben es satt“-Demo. Die ist aber ausgefallen, auch fast alle anderen Termine finden seit vielen Wochen nur online statt. Da kann man aber keine Unterschriften sammeln.
Lars Arnold52, ist seit Juni 2020 Landesvorsitzender der ÖDP Berlin. Die ÖDP ist deutschlandweit die neuntgrößte Partei – in Berlin hat sie derzeit genau 111 Mitglieder.
Hat die ÖDP eine Taktik, wie die Unterschriftensammlung diesmal funktionieren soll?
Die Mitglieder werden verstärkt im privaten Umfeld sammeln, etwa im Wohnhaus bei Nachbarn. Zeit ist noch bis Anfang Juli, der Wahltermin soll am 26. September sein.
Im Abgeordnetenhaus wird wohl am Donnerstag ein Gesetzentwurf der Regierungskoalition eingebracht, der vorsieht, die Hürden zu halbieren. Reicht ihnen das?
Das kommt uns zumindest entgegen. Allerdings wissen wir ja nicht, wie lange die Situation noch so ist, wie sie ist. Deswegen haben wir den Vorschlag gemacht, dass für jeden Tag seit Anfang November, an demn ein Lockdown gilt, die Zahl der nötigen Unterschriften weiter reduziert wird. Was mich besonders stört, ist, dass die Parteien im Abgeordnetenhaus erst aufgefordert werden mussten, das Wahlrecht zu ändern, und das nicht von sich aus gemacht haben.
Steht die ÖDP mit anderen kleinen Parteien in Kontakt?
Ja, wir tauschen uns aus. Wir bieten auch an, dass andere kleine Parteien unserer Klage beitreten, das geht ja. Darüber haben wir unter anderem mit der Piratenpartei und den Freien Wählern gesprochen. Der Entscheidungsprozess dort läuft noch.
Die Ökologisch-Demokratisch Partei hat bei der letzten Berlinwahl gerade mal 295 Stimmen bekommen …
Ja, damals sind wir nur in einem Bezirk angetreten. In diesem Jahr werden wir per Landesliste in ganz Berlin wählbar sein.
Worauf hoffen Sie?
Natürlich auf 5 Prozent plus X. Und dass wir alle gesund bleiben.
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