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Klarer Punktsieg für Brad Gilbert

Brad Gilbert erreichte nach einem hart umkämpften Fünfsatzsieg über David Wheaton das Finale des Grand Slam Cups gegen Pete Sampras, der den vierten Ami Michael Chang besiegte  ■ Aus München Matti Lieske

„Big fight for big money“, war die samstägliche Pressemitteilung der Veranstalter des Grand Slam Cups überschrieben. Fast hätten Brad Gilbert und David Wheaton in ihrem Halbfinalspiel, bei dem es um mindestens eine Million Dollar ging, den Satz wörtlicher genommen, als es den Verfassern lieb war, und die erste handfeste Keilerei der neueren Tennisgeschichte vom Zaun gebrochen.

Als der erboste Gilbert nach dem aktionsträchtigen Finale des dritten Satzes auf Wheaton losging, verhinderte nur das Eingreifen des Oberschiedsrichters Ken Farrar, der sich furchtlos ins Getümmel stürzte, eine zünftige Rauferei der beiden, die dem 29jährigen Gilbert möglicherweise übel bekommen wäre.

Schließlich war der hochaufgeschossene David Wheaton bis zu seinem 14. Lebensjahr auf dem besten Wege gewesen, Eishockeyprofi zu werden, aber dann überredeten ihn seine Angehörigen, doch lieber Tennis zu spielen. Weil das gewaltfreier sei. Glaubten sie.

Vorausgegangen war dem Handgemenge eine unglückliche Entscheidung des Schiedsrichters und „Millionendollarfehlgriffs“ (Wheaton) Stephen Winyard. Nachdem Gilbert den ersten, Wheaton den zweiten Satz je mit 6:3 gewonnen hatten, stand es im Tie-break des dritten Durchgangs 6:6, als Winyard einen Ball Gilberts, den der Linienrichter im Aus gesehen hatte, gut gab. „Bei diesem Spielstand gehört sich so etwas nicht“, wetterte der 21jährige Wheaton nach dem Match. „Er konnte von seiner Position ganz auf der anderen Seite des Platzes unmöglich hundertprozentig sicher sein, wie es die Regel für das Überstimmen verlangt.“ Außerdem machte er geltend, daß er den Ball berührt habe, und daher der Punkt zumindest hätte wiederholt werden müssen. Doch Schiedsrichter Winyard und Supervisor Farrar blieben unbeugsam, der Punkt ging an Gilbert, der dann auch den Satz gewann.

Brad Gilbert, über dessen schlechte Manieren und ewiges Reklamieren sich schon im Viertelfinale der wohlerzogene Aaron Krickstein beschwert hatte, „heulte und greinte“ (Wheaton) erst, weil er nicht mitbekam, daß Winyard zu seinen Gunsten entschieden hatte, und fing dann an, sich lauthals über Wheaton zu beklagen, weil dieser mit seinen Protesten das Spiel verzögere. In der folgenden kurzen Pause — die Halle glich immer noch einem vollbesetzten Fußballstadion bei Elfmeterpfiff gegen die Heimmannschaft in der 90. Minute — machte Gilbert dann einige abfällige Bemerkungen über David Wheatons Bruder und Manager, der Ken Farrar gerade auf den miserablen Charakter des Schiedsrichters hinwies, es gab einen kurzen Wortwechsel und Sekunden später standen sich die beiden Streithähne Nase an Nase gegenüber. Wheaton, in dem sich sogleich der Eishockeyspieler meldete, schubste seinen Herausforderer hinweg und grollte später: „Schade, daß er meinen Schlag nicht returniert hat.“ Dazu kam Gilbert aber nicht, weil ihm der Oberschiedsrichter in die geballte Faust fiel. Schließlich beendete der Gong zum vierten Satz die Kampfhandlungen.

David Wheaton hatte sich für die Münchner Veranstaltung vorbereitet wie für ein Grand Slam Turnier und zuvor sogar Videos seiner potentiellen Gegner studiert. Dabei hatte er offensichtlich mehr Gefallen an der visuellen Erscheinung Ivan Lendls gefunden, den er sensationell im Viertelfinale ausgeschaltet hatte, als an der Gilberts, denn, obwohl er sich den vierten Satz mit 6:2 holte, fand er kein rechtes Mittel gegen das schmucklose Spiel des Mannes aus Oakland. Gleich im ersten Spiel des fünften Satzes nahm Gilbert das Break-Kommando des Oberschiedsrichters wörtlich — es war erst der dritte Aufschlagverlust Wheatons bei diesem Turnier — das reichte zum 6:4 und damit zum Einzug ins Finale gegen Pete Sampras, der zuvor Michael Chang 6:3, 6:4, 6:4 bezwungen hatte.

Wheaton hatte nach Punkten verloren und schien hinterher ein wenig der verpaßten Chance eines K.o.- Sieges nachzutrauern. Andererseits zeigte er durchaus einen Anflug von Reue. „Das sollte eigentlich nicht passieren, schließlich ist es ein Gentleman-Sport.“ Gilbert sei mit Sicherheit nicht sein bester Freund, „aber ich hasse ihn nicht.“ Der Nichtgehaßte selbst schob das Ganze auf „die Hitze des Augenblicks“. Sie hätten bisher immer sehr umkämpfte Matches gegeneinander gespielt — in Wimbledon hatte Gilbert den fünften Satz mit 13:11 gewonnen — da ginge es halt schon manchmal etwas rauher zu.

An das viele Geld habe er während der ganzen Zeit aber überhaupt nicht gedacht, beteuerte der Kalifornier; wer genau hinsah, konnte indes deutlich die kleinen Dollarzeichen erkennen, die anstelle der Pupillen aus den Augen Brad Dagoberts hervorblinkten.

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