: Klarer Fall von McRinderhackwahn Von Ralf McSotscheck
Frankfurt an einem Samstagabend: Selbst McDonald's hat um 23 Uhr schon dichtgemacht. Ein sicheres Zeichen für fortgeschrittene Verdorfung. Solange sich nämlich noch potentielle Kundschaft auf der Straße herumtreibt, hält das US-amerikanische Spezialitätenrestaurant seine Fleischbrötchen bereit. Bei den Hungerlöhnen, die man den bemützten Angestellten zahlt, rechnet sich das allemal – vor allem wenn die Konkurrenz längst die Friteusen abgeschaltet hat.
Und wenn der lange Atem dank kurzer Löhne nicht ausreicht, um lästige Rivalen loszuwerden, fährt man eben schwerere Geschütze auf. Neuestes Opfer ist die Schottin Mary Blair. Sie betreibt in der englischen Grafschaft Buckinghamshire eine winzige Sandwich- Bar, die sie „McMunchies“ genannt hat – auf deutsch etwa „McMampf“. Ihr habe das Wort so gut gefallen, sagt sie, und außerdem wollte sie auf ihre schottische Herkunft hinweisen. „Mc“ oder „Mac“ ist gälisch und bedeutet „Sohn“.
Schottische Herkunft? Die Rinderhackbarone aus den USA sind offenbar davon überzeugt, daß der Namensvorsatz „Mc“ aus Illinois stammt und Eigentum von Firmengründer Ronald ist: „Sohn des Hackbratens“. Sie warnten Blairs Rechtsanwalt, daß seine Klientin „etwas benutze, was ihr nicht gehört“. McDonald's hat die Vorsilbe „Mc“ als Warenzeichen schützen lassen und strebt weltweite Exklusivität an. Der „unerlaubte Gebrauch der Mc-Vorsilbe könnte die Öffentlichkeit verwirren“, behaupten die Schnellfuttermonteure. Könnte sein: Bald wird die verwirrte Kundschaft irrtümlich in Apple-Mac-Computer beißen und den Ex-Beatle Paul McCartney mit Senf und Mayonnaise bestreichen. Das gilt es zu verhindern.
Was nicht mehr zu verhindern ist, sind die unerlaubten umgangssprachlichen Verunglimpfungen des ehrenwerten Firmennamens. So steht „McJob“ längst für miserabel bezahlte Stellen mit hoher Fluktuation, was freilich nicht für McDonald's Rechtsanwaltsschar gilt. Deren Jobs sind langfristig gesichert: Bei „McLibel“ – „Libel“ ist eine Verleumdung oder Klageschrift – denkt man unweigerlich an den lächerlichen Prozeß, den die Brötchenbauer seit Jahren gegen zwei Umweltschützer führen. Dave Morris und Helen Steel hatten McDonald's in einem Flugblatt vorgeworfen, die Kundschaft langsam und die Umwelt weniger langsam zu vergiften. Um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen, hatten sie einige häßliche Worte mit dem geschützten Warenzeichen versehen: „McDreck“, „McKotz“ oder so ähnlich. Nun hätte das Flugblatt weder dem Ruf noch dem Umsatz des Unternehmens nachhaltigen Schaden zugefügt, wären die Fleischklopsbosse nicht zu ihren Anwälten gerannt. Klarer Fall von McRinderhackwahn.
Für die McDeppen gibt es noch viel zu tun, bis das globale Mac- Monopol durchgesetzt ist. Dann aber heißt die mittelitalienische Provinzhauptstadt südwestlich von Ancona schließlich „Erata“, der 1469 geborene italienische Historiker würde zu „Chiavelli“, das gebogene südamerikanische Haumesser wäre eine „Hete“, und auch gegen Shakespeare könnte man rückwirkend vorgehen: Sein albernes Drama müßte dann in „Beth“ umbenannt werden. Die Burger- Installateure haben eine Macke. Sorry: eine Ke.
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