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Klappen-Knatsch zwischen Klinik und Kasse

■ Krankenkassen wollen nur noch die Hälfte für Herzklappen zahlen

Das Schreiben löste einen Aufschrei unter der Ärzteschaft aus. Nur noch 3 300 Mark pro verwendeter Herzklappe wollten sie in Zukunft den Krankenhäusern zahlen, kündigten die Bundesverbände der Krankenkassen den Herzchirurgischen Kliniken der Republik am 7. Juni an. Eine Reaktion auf die Vorwürfe, die Klappenhersteller hätten zuhauf Deutsche Herzchirurgen geschmiert und die Schmiergelder einfach auf die Klappenpreise aufgeschlagen.

Die Kassen hatten angekündigt, ab sofort den Kliniken nur noch „unter Vorbehalt“ mehr als 3 300 Mark pro Klappe zu vergüten. Nach einer Wirtschaftlichkeitsprüfung am Jahresende müßten die Krankenhäuser mit Rückforderungen für „von uns zu hoch bezahlten Herzklappen“ rechnen. Um das zu vermeiden, sollten die Herzkliniken in Zukunft „nur noch einen Preis in Höhe von maximal 3 300 Mark pro Herzklappe akzeptieren“.

„Ein völlig unrealistische Vorschlag“, schimpft Jürgen Abshoff, Geschäftsführer der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft über den angekündigten Klappen-Kahlschlag. Für das willkürlich bestimmte Preis-Limit sei keine qualitativ hochwertige Herzklappe zu bekommen. Denn die Durchschnittspreise für eine Klappe lägen entgegen anderslautender Behauptungen bei rund 6 300 Mark. Und das sei nicht nur in der Bundesrepublik so, sondern in ganz Europa.

Sollten die Kassen ihre Drohung wahrmachen, sieht Abshoff „die Arbeit der drei Hamburger Herzzentren“ im UKE, dem Albertinenkrankenhaus und im AK St.Georg „auf unverantwortliche Weise gefährdet“. Die Konsequenz wäre der Totalausstieg der Hamburger Kliniken aus der Klappen-Implantation oder die Verwendung billiger, kaum erprobter Herzklappen. „Schon jetzt fragen unsere Patienten total verunsichert, ob wir ihnen Billig-Herzklappen einsetzen“, weiß Abshoff zu berichten: „Der Schaden, den die Herzklappen-Kampagne hier angerichtet hat, ist nicht wieder gutzumachen“.

Da „kein verantwortungsvoller Arzt die Billig-Klappen einsetzen würde“, wollen die Hamburger Herzkliniken die Klappen weiter zu den bisher marktüblichen Preisen einkaufen. Sollten die Kassen dann ihre Pauschalen kürzen, werden die Krankenhäuser klagen. Abshoff: „Wir haben mit den Kassen gültige Verträge, die diese nicht einfach außer Kraft setzen können.“

Marco Carini

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