: Kirchenspaltung
■ betr: „Unterschriften gegen alte Säcke – halleluja!“, taz vom 7. 7. 95
Die befürchtete Kirchenspaltung der (römisch-)katholischen Kirche, auf die in dem Artikel zum Kirchenvolksbegehren hingewiesen wird, hat es schon längst gegeben. Sie feiert am 18. Juli dieses Jahres ihr 125jähriges „Jubiläum“; denn am 18. Juli 1870 wurden auf dem Ersten Vatikanischen Konzil (1869/70) in Rom die Dekrete von der Unfehlbarkeit und der obersten Richtergewalt des Papstes in der (römisch-)katholischen Kirche erlassen. Der Protest dagegen mündete in die Entstehung der alt- katholischen Kirchen.
In diesen (zahlenmäßig kleinen und u.a. dadurch wenig bekannten) Kirchen, die sich bewußt als katholische Alternative verstehen, sind die Reformanliegen des Kirchenvolksbegehrens (volle Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche, Abschaffung des Zwangszölibates, positive Bewertung der Sexualität, Überwindung der Kluft zwischen Klerus und Laien, Frohbotschaft statt Drohbotschaft) teilweise bereits seit dem letzten Jahrhundert umgesetzte Wirklichkeit. Sicherlich haben auch die alt-katholischen Kirchen ihre Ecken und Kanten, aber durch die basisdemokratisch-synodalen Strukturen dieser Kirchen besteht jederzeit die Möglichkeit, weitere Reformen in Gang zu setzen.
Wer sich selber überzeugen will: Eine gute Gelegenheit wird die erste Ordination von Frauen in den katholisch-priesterlichen Dienst der deutschen alt-katholischen Kirche an Pfingsten nächsten Jahres in der Gemeinde Konstanz sein. Walter Hans Jungbauer, Bonn
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