: Kinkel verspricht Geld und Polizei für Bosnien
■ Bosnische Serben halten wieder zwei Männer in Ilidža fest. Die EU droht mit dem Rückzug von Koschnick aus Mostar
Sarajevo/Brüssel (dpa/taz) – Bundesaußenminister Klaus Kinkel ist gestern mittag zu einem eintägigen Besuch in Sarajevo eingetroffen. Nach seiner Ankunft in der bosnischen Hauptstadt traf er mit Präsident Alija Izetbegović zusammen. Mit ihm und der bosnischen Regierung wollte Kinkel vor allem über den Wiederaufbau des Landes sprechen. Auf Kinkels Programm standen auch Treffen mit dem Koordinator für den zivilen Wiederaufbau, Carl Bildt, dem Kommandeur der Nato-Friedenstruppe, Admiral Leighton Smith, und mit Vertretern deutscher Hilfsorganisationen.
Deutschland werde sich über die zugesagten Finanzmittel hinaus auch politisch beim Aufbau aktiv engagieren, sagte Kinkel vor Journalisten. So würden sich deutsche Polizisten an der geplanten Polizeitruppe für Bosnien beteiligen. Zur Sprache kam auch die geplante Rückführung der über 300.000 in Deutschland lebenden Bosnien-Flüchtlinge. Kinkel stellte den Bosniern Unterstützung beim Bau von Unterkünften für die Rückkehrer in Aussicht. Vorbild dafür könne der Wohnungsbau für russische Soldaten sein.
Nach Kinkels Worten muß eine Massenflucht der in den serbischen Bezirken von Sarajevo lebenden Menschen unter allen Umständen verhindert werden. Hier seien von bosnischer Seite vertrauensbildene Maßnahmen notwendig.
Die EU-Kommission hat vor einer Eskalation der Spannungen in der herzegowinischen Hauptstadt Mostar gewarnt und einen Rückzug des EU-Verwalters Hans Koschnick nicht ausgeschlossen. Koschnick hatte am Sonntag gesagt, wenn die kroatische Seite weiter auf eine Teilung der Stadt hinarbeite, dann müsse sich die Europäischen Union einen anderen Administrator suchen.
In Kommissionskreisen wurde gestern außerdem bedauert, daß noch nicht alle Signatarstaaten des Friedensabkommens für Bosnien ihre finanziellen Verpflichtungen für die zivile Umsetzung des Friedensvertrags eingelöst haben. So stünden dem hohen Repräsentanten des Londoner Abkommens, Carl Bildt, 12,3 Millionen Ecu (23 Millionen Mark) der EU zur Verfügung. Damit könne er mit einem Stab von bis zu 40 Leuten in Sarajevo und rund 20 in Brüssel arbeiten. Bildt hatte die doppelte EU- Summe verlangt. Die USA hätten ihre zugesagten sieben Millionen Dollar noch nicht gezahlt, hieß es.
Die bosnischen Serben in Ilidža, einem Vorort Sarajevos, haben erneut zwei Menschen festgesetzt. Wie ein Sprecher der internationalen Friedenstruppe für Bosnien (IFOR) gestern mitteilte, gab dies der Bürgermeister des serbisch-kontrollierten Vororts von Sarajevo bekannt. Bei den Männer handele es sich um Bosnier, die Armeekleidung getragen hätten. Unklar blieb, warum die beiden Männer festgenommen wurden. Erst in der vergangenen Woche waren 16 Zivilisten, die zwischen Weihnachten und Neujahr verschleppt worden waren, auf internationalen Druck hin freigekommen.Kommentar Seite 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen