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Kindesmißbrauch auf Langeoog

■ Neuer Verdacht / Vier Männer und die Mutter bereits verhaftet

Der Kreis der mutmaßlichen Täter, die über Jahre ein Kleinkind auf der Nordseeinsel Langeoog sexuell mißbraucht haben sollen, wird größer. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Aurich ermittelt die Polizei jetzt gegen einen fünften Mann. Vier 26 bis 30 Jahre alte Männer und die 44jährige Mutter des heute knapp fünfjährigen Mädchens wurden bereits verhaftet. Sie sollen Geständnisse abgelegt haben.

Gegen zwei der Verhafteten hat die Staatsanwaltschaft inzwischen Anklage erhoben, hieß es gestern. Beiden wird vorgeworfen, das 1990 auf Langeoog geborene Mädchen von 1991 an regelmäßig sexuell mißbraucht zu haben. Die „Sexspiele“ in der Obdachlosenunterkunft, wo die aus der DDR stammende Frau sich und ihr Kleinkind gewerbsmäßig prostituiert haben soll, wurden zum Teil auf Pornovideos festgehalten.

In wieweit vier weitere Jugendliche, zwei Mädchen und zwei Jungen, ebenfalls zum Kreis der sexuell Mißbrauchten gehört haben, könne nach derzeitigem Ermittlungsstand noch nicht abgeschätzt werden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der fünfte Mann, der dem Täterkreis zugerechnet wird, befindet sich noch auf freiem Fuß. Bei ihm bestehe keine Fluchtgefahr, erklärte der Staatsanwalt. Alle bislang verhafteten oder verdächtigen Personen leben seit Jahren auf Langeoog und gehören zur sozialen Randschicht der kleinen Inselgemeinde.

„Das ist Strandgut, das hier nicht hergehört“, versucht zum Beispiel Inselbürgermeister Manfred Schreiber eine Schadensbegrenzung für das sorgsam gepflegte Tourismus-Image, von dem die meisten der knapp 2.200 ständigen Inselbewohner gut leben. „Strandgut“, das seien Saisonbedienstete, die auf der Insel hängen bleiben, erklärt der stellvertretende Gemeindedirektor Hans-Georg Sjuts. Nur, wer auf die Insel zieht „und sich in die Gesellschaft integriert“ (Sjuts), dürfe sich „Insulaner“ nennen. Nach dieser Definition war das kleine Mädchen, das als Zweijährige erstmals von seiner Mutter zum Sex angeboten worden sein soll, eine „Langeoogerin“. Sie wurde auf der Insel geboren und getauft. Im Kindergarten war sie auch angemeldet, kam aber sehr selten. dpa

Von den „Schweinereien“, wie die Langeooger und der Staatsanwalt den noch nicht zu Ende ermittelten Fall inzwischen übereinstimmend umschreiben, will niemand in der kleinen Dorfgemeinschaft etwas bemerkt haben. Die Kleine, heißt es über das betroffene Mädchen, habe eigentlich immer „ganz zufrieden, wenn auch geistig etwas zurückgeblieben“ gewirkt. dpa

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