piwik no script img
taz logo

Kinder streiten für Bücher

■ SchülerInnen aus der Lessingstraße protestierten gegen die Schließung der Stadtteil-Bibliothek Östliche Vorstadt

Es regnete scheußlich gestern morgen. Dennoch machten sich etwa 50 GrundschülerInnen mit Isomatten auf dem Bürgersteig Vor dem Steintor breit – mit Pappschildern vorm Bauch grölten sie im Chor: „Wir wollen lesen! Ohne Bücher wird man dumm!“ Vor der Stadtteilbibliothek in der Östlichen Vorstadt haben gestern mehrere Klassen der Grundschule Lessingstraße den Unterricht ausgesetzt. Sie kämpfen um ihre Bibliothek.

Viel mehr als die habe das Viertel für Kinder sowieso nicht zu bieten, erklärt die Lehrerin Eva Weichert.

Und was sagen die Kinder? Ole und Mareike haben dort schon Bücher entdeckt, die dann in der Schule besprochen wurden. Tobias gibt zu, daß er viel lieber Videos und Hörspiele ausleiht; Geschichten kann er sich schließlich auch erzählen lassen.

Das trostlose Angebot für Kinder im Stadtteil bringt auch die ViertelbewohnerInnen auf die Palme: „Wissen Sie, was ich pervers finde? Das Viertel hat die Helenenstraße, das Viertel hat die ganze Drogenproblematik, das gehört scheinbar dazu - aber daß Kinder hier eine Bücherei haben, das will Bremen nicht? Das kann nicht wahr sein“, empörte sich eine Passantin. Soviel Teilnahme an den Protesten der SchülerInnen hat selbst die Lehrerin Ulrike Kuckero nicht erwartet. Sie hätte ebenso gerne Henning Scherf bei der Protestaktion gesehen, um ihm einen Stoß Briefe zu überreichen. Die Kinder haben an den Bürgermeister geschrieben: „Lieber Senat und Senatoren, bitte gebt unserer Bücherei Leute und Kinder!“

Solch Kindermund rührt auch die zuständige Referentin der Abteilung Kultur im Bildungsressort, Hildegard Koinecke. „Die Diskussion mit den Ortsbeiräten ist noch nicht beendet“, versichert sie. „Ich bin selbst Lehrerin und kenne die Probleme der Stadtteile.“ Und fügt hinzu, daß die für heute angekündigte Entscheidung der Deputation über die Schließung von fünf Stadtteilbibliotheken bis in den November verschoben worden ist.

kp

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen