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Kinder gegen Ausländerhaß

■ In der Jugendetage »Kifries« zeigen Kinder, daß sich mit der Freizeit auch etwas Schönes anfangen läßt

Friedenau. Die rote Dose für die Zahnspange schlackert um Sahers Hals. Der achtjährige Junge aus Syrien erklärt, was auf dem Foto hinter Glas zu sehen ist: »Das ist unser Familienfest, wo wir ein Lamm geschlachtet haben. Ich war hinterher eine Woche lang traurig deswegen.«

Saher Khattab ist einer von zwölf Kindern aus zwölf Nationen, die bei einer Ausstellung in der Jugendetage der »Kinder- und Jugendgruppen Friedenau e.V.«, kurz »Kifries« genannt, mitgemacht haben. Die Kinder zeigen ihre Lebensgeschichte, ihre Probleme und Tagträume anhand von Gegenständen aus ihrer jeweiligen Heimat — blaue Schulzeugnisse aus Taiwan, ägpytische Gebetskleider, ostdeutsche Pionier-Urkunden oder bulgarische Banknoten.

Auf den Fotos lachen die Kinder, doch ihre »glückliche Kindheit« war gekennzeichnet von politischer Verfolgung, Armut oder Krieg. Kim- Sara Schulmann ist als Säugling irgendwo in Südkorea ausgesetzt worden und lebte dichtgedrängt in einem Heim, bevor sie von einer Berliner Familie adoptiert wurde. Sara fühlt sich »traurig und hilflos«, weil sie nicht weiß, warum ihre Eltern sie im Stich gelassen haben. Ihre palästinensische Freundin Ranya Orfalli aus dem Libanon sitzt seit 1984 im Rollstuhl: eine Kugel der chistlichen Miliz zertrümmerte ihre Wirbelsäule. »Von mir ist immer sehr viel erwartet worden«, erklärt Ranya. »Nur wenn ich Musik mache, spüre ich, daß ich existiere und etwas wert bin.« Kifries betreibt drei Kinderbands. In einer ist Ranya Sängerin.

»Kifries« sind quergestreifte Phantasiewesen (halb Vogel, halb Biene) und Gruppensymbol der Etage. Im Rahmen der Bemühungen, Kinder von der Straße fernzuhalten, wird das Projekt vom Senat mit jährlich 158.000 Mark aus dem Topf für »Suchtprophylaxe« finanziert. Mit ihrer Ausstellung wollen die Kiefries dem überall spürbaren Ausländerhaß »etwas Positives« entgegensetzen. Die Kinder sind stolz auf ihre eigene Kultur. Wei-Dar Chen aus Taiwan lernt freitags nach der Schule Chinesisch, Omar Ibrahim Arabisch.

Ayla Kiratli ist Sozialpädagogin bei Kifries und arbeitet jeden Tag mit den 60 Kindern im Alter von zehn bis 17 Jahren. »Wir wollen den Kindern dabei helfen, ihre Freizeit zu gestalten. Sie sollen aber selbst herausfinden, was ihnen am meisten Spaß macht.« Kwame Osei Wusu (12) interessiert sich zum Beispiel vor allem für das Schlagzeugspielen. Seine Band spielt eigene Songs von Rap bis zu den Beatles. Wer will, kann bei Kifries auch Theater spielen, Videos drehen, Fotos entwickeln oder eine Hauszeitung machen. Für Mädchen gibt es eine Selbstverteidigungsgruppe, für türkische Kinder zweimal wöchentlich eine Hausaufgabenbetreuung. Die Aktivitäten führen zum nationenübergreifenden Zusammenhalt der Kinder. Seit Weihnachten besuchen sie ein leukämiekrankes türkisches Mädchen, das früher regelmäßig in die Etage kam.

Trotz der belastenden Probleme, die manche Kinder mit sich bringen, ist Ayla Kiratli mit ihrer Arbeit »glücklich«. Während Saher ihr gerade den Schlüssel für den Trommelraum abluchst, sagt sie sanft: »Die sind schon gut, die Kinder. Ich kann viel von ihnen lernen.« Mirjam Schaub

Ausstellung im »Kifrie-Treppenhaus«, Vorarlberger Damm 1, noch bis zum 15. Mai, mo. bis fr. 10 bis 18 Uhr

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