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Archiv-Artikel

Kinder auf der Fahnenstange

SPD und Beschäftigten-Bündnis starten Umfrage in allen 800 Hamburger Kitas. Bürgermeister will Gebühren nur „maßvoll“ erhöhen. Heute Warnstreik in Harburg

Als Bürgermeister Ole von Beust gestern seine Bilanz zog, versprach er, die Erhöhung der Kita-Gebühren solle „extrem maßvoll“ ausfallen, weil man bei Kindern und Familien nicht sparen dürfe. Zugleich erklärte Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) in einem Zeitungsinterview, „bei den Einsparungen für Familien ist das Ende der Fahnenstange erreicht“.

Doch dieses wurde nach Einschätzung des Bündnisses der Kita-Beschäftigten schon längst überschritten. „Wir fordern eine Rücknahme der Kürzungen im Kita-Etat“, erklärte gestern ihr Sprecher Ronald Prieß. Die Lage in den Kitas sei nach Absenkung des Erzieher-Kinder-Schlüssels um mehr als zwölf Prozent „katastrophal“. In der städtischen Vereinigung allein mussten zum Jahresbeginn 140 Erzieher gehen, erklärte Betriebsrätin Sabine Lafferenz. Die gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter der städtischen Träger wollen deshalb heute früh in Harburg von 9 bis 12 Uhr in einen Warnstreik treten.

Auf dem Papier sieht die Kürzung nicht so dramatisch aus. Statt 340 Millionen Euro im Vorjahr soll in 2005 eine Million mehr bereitstehen, allerdings für 3.000 zusätzliche Kinder. Auf Basis dieser Annahme wurden mit den Kita-Arbeitgebern neue, überwiegend schlechtere, Betreuungsschlüssel vereinbart. Kommen nun die Kinder nicht, bleibt der Stadt am Ende Geld über. Die negativen Folgen für die Kitas gibt es aber so oder so.

Doch über große Gruppen und schlechte Arbeitsbedingungen, so klagt das Bündnis, könnten sich Erzieher kaum öffentlich beschweren. In zwei Fällen, in denen sich Kita-Beschäftigte an die Presse wandten, gab es Abmahnungen und Ermahnungen.

Die SPD-Abgeordnete Andrea Hilgers hat deshalb gemeinsam mit dem Bündnis eine Umfrage unter den Leitungen aller 800 Kitas gestartet. Anonym – um zu verhindern, das Kitas an den Pranger gestellt werden oder Mitarbeiter Schwierigkeiten bekommen. Unter anderem wird abgefragt, wie sich die Gruppengrößen seit 2002 verändert haben und in welchem Umfang Kinder Stunden reduzieren müssten. Da der Stadtteil angegeben werden soll, erhofft sie sich auch Aussagen über die sozialen Auswirkungen seit Start des Gutscheinsystems. Der Fragebogen wird per Post verschickt, kann aber auch aus dem Internet heruntergeladen werden (www.spdfraktion-hamburg.de).

Da bekannt sei, so Hilgers, wie viele Kitas sich in welchem Stadtteil befinden, könne man erkennen, wenn Bögen mehrfach ausgefüllt wurden. Die Umfrage soll im Mai ausgewertet werden. Etwa dann wird auch bekannt, wie hoch die Kita-Beiträge wirklich steigen. Prieß erklärte, ihn mache von Beusts Ankündigung unruhig: „Das heißt, dass sie sich das Geld bei uns holen.“Kaija Kutter