: Keine armen Kulis-betr.: "Alles nur Drecksäcke", taz vom 17.9.88
betr.: „Alles nur Drecksäcke“, taz vom 17.9.88
Die erforderliche Antwort sollte nach dem lateinischen Grundsatz „audiatur et altera pars (man höre auch die andere Seite)“, erst dann erfolgen, wenn die Stellungnahme des betroffenen Bergführers vorliegt. Da dieser im Augenblick nicht erreichbar ist, kann ich dazu nur vorläufig Stellung nehmen. Es müssen auch vor einer endgültigen Stellungnahme noch andere Teilnehmer befragt werden. Sicher ist eines: Sollten sich die Vorwürfe in diesem Umfang bewahrheiten, werden wir die Konsequenzen ziehen.
Sicherlich ist die Verfasserin des Artikels mit etlichen Klischees behaftet, die auch durch diese Reise verständlicherweise - nicht beseitigt werden konnten. Durch Trekkings und Expeditionen, sei es im Himalaya oder in den Anden oder in ähnlichen Bergen der Welt, kommt Geld unter Leute, die sonst vom Tourismus überhaupt nicht profitieren. Bei Trägern und Pferdetreibern handelte es sich um einen ausgesprochenen Nebenerwerb. Die Leute haben alle einen Hauptberuf, beispielsweise Bauern etc. Dabei ist wichtig, daß dieser Nebenberuf für diese Leute meist die überhaupt einzige Möglichkeit ist, Bargeld in die Hand zu bekommen. In Indien sind 80 Mark im Monat (auch wenn nur für ein paar Monate) zuzüglich Verpflegung gute Bezahlung. Ein Büroangestellter hat eine gute Position, wenn er 100 Mark im Monat verdient. Die Verhältnisse sind dort eben anders. Man kann mit wenig Geld leben.
Auch 32 Mark Trinkgeld für 20 Tage pro Kopf sind durchaus angemessen. Es darf nicht übersehen werden, daß für Dienste, die wesentlich anstrengender sind als Trekkingtouren, beispielsweise Tragen im Auftrag Einheimischer oder der Regierung, wesentlich weniger bezahlt wird. Jedenfalls ist der Bergtourismus ein probates Mittel gegen die Landflucht und damit gegen die Vorproletarisierung der Bergbevölkerung in den Slums der Großstädte.
Zum Problem Kleidung: Die Leute haben einen höheren Kleiderverschleiß und können getragene Sachen gut gebrauchen. Hier sollen natürlich in erster Linie Anoraks, Pullover, Schuhe, Hosen, warme Kleidung dagelassen werden. Einen Einfluß auf den einheimischen Markt hat das bestimmt nicht.
Wichtig ist zu wissen, daß die Einheimischen in keiner Weise ausgebeutete, arme Kulis sind. Sie sind durchaus selbstbewußt und wissen um ihren Wert und um ihre Rechte. Zudem sind sie meist in einer Art Gewerkschaft organisiert, in vielen Gegenden geht der Naike mit, eine Art Betriebsrat. Im allgemeinen kann man sagen, daß sich zwischen Trekkinggruppen und der einheimischen Begleitmannschaft ein recht gutes, ja kameradschaftliches Verhältnis entwickelt.
Der DAV Summit Club als Teil des Deutschen Alpenvereins ist umweltbewußt. Die im Artikel angeführte Deklaration von Katmandu ist zum großen Teil von uns inspiriert. Der Summit Club arbeitet zum Beispiel derzeit sehr intensiv mit dem King Mahendra Trust in Nepal zusammen, der wichtigsten Naturschutzorganisation dort. Gerade die Gruppen des Summit Club, so wurde mir erst kürzlich wieder aus Nepal und Peru bestätigt, gehen mit gutem Beispiel voran, werden gelobt. Beispielsweise vermeiden wir den Holzverbrauch und verwenden Kerosin. Die bisher angelegten Kerosindepots für Trekker in Nepal sind vom Summit Club finanziert. (...)
Dr. Fritz März, Erster Vorsitzender
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