: Keine Vergebung
■ Gelungen gewirbelt: Verdis Frühwerk „König für einen Tag“ im Allee-Theater
Wenn ein König aufgrund wichtiger Staatsgeschäfte incognito verschwinden muß, hat er ein Problem. Stanislaus I. von Polen muß zurück in sein Heimatland, um Ansprüche auf den Thron geltend zu machen, während er gleichzeitig im französischen Exil als Trauzeuge auftreten soll. Also beauftragt er den Chevalier Beaufleur, ihn zu vertreten.
Die Grundkonstellation von Verdis Oper König für einen Tag, die am Mittwoch im Allee-Theater Premiere feierte, ist nun leicht zu erraten: Die Marquise de Coteau (Susanne Schubert), deren Eheschließung Beaufleur (Carl-Christof Gebhardt) begleiten soll, ist seine eigene Geliebte und er damit in der Zwickmühle. Am Ende kann nur der echte König ihm aus dieser Patsche helfen. Selbstverständlich kommt, schließlich handelt es sich um eine komische Oper, in letzter Sekunde ein Brief von Stanislaus, und der vom König zum Marschall ernannte Beaufleur kann seine Geliebte in die Arme schließen.
Oder auch nicht. Bei dem kammermusikalisch in Szene gesetzten Werk nämlich flieht am Ende, weiter singend, die Marquise von der Bühne in den Zuschauerraum. Sie will die Täuschung und Zurückweisung, die ihr der vermeintliche König angetan hat, nicht verzeihen. Immerhin erspart sich Johannes Zametzer damit, ein genreübliches Happy End inszenieren zu müssen. Statt dessen läßt er die weitere Liebesentwicklung offen.
So offen wie die metallen umkleidete Drehtüre, durch die das ganze Stück über die Darsteller auf die Bühne gewirbelt kommen. Dadurch wird mehr Aktion suggeriert, als tatsächlich vorhanden ist – ein probates Mittel bei einer kammermusikalischen Aufführung mit nur sieben Figuren und einem noch kleineneren Ensemble.
Die Veränderungen lassen sich auch anhand des Librettos nachvollziehen. Eigens für diese Inszenierung übertrug Barbara Hass den Text ins Deutsche und veränderte ihn so, daß Dumont (Hubert Wild), der Diener des Chevaliers, gleich drei Rollen auf einmal spielen darf. So spart man Personal, konzentriert das Geschehen und macht die musikalischen Einfälle Verdis leichter zugänglich. Was dem Frühwerk des Komponisten gut getan hat.
Eberhard Spohd
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen