■ Baseball: Keine Schwiegersöhne
Der erneute Sieg der Toronto Blue Jays in der amerikanischen Meisterschaft wurde in den USA gelangweilt zur Kenntnis genommen, die Verlierer aus Philadelphia dagegen durften sich als die eigentlichen Gewinner dieses Spieljahres betrachten. 8:6 hatten die Kanadier gewonnen. Es war die erste erfolgreiche Titelverteidigung seit dem Gewinn der New York Yankees im Jahre 1978. Selten waren in den letzten Jahren zwei derart unterschiedliche Mannschaften im Finale aufeinandergeprallt. Seit Wochen wurde dieses Duell in der amerikanischen Presse zum Kampf David gegen Goliath hochstilisiert. Ein scheinbar unschlagbares Team aus Kanada traf auf einen Haufen zusammengewürfelter Chaoten, die hauptsächlich durch ihr schlampiges Erscheinungsbild, wildes Benehmen und rüde Umgangsformen auffielen. „Das häßlichste Team Amerikas“ wurden die Phillies getauft. In Talk-Shows diskutierte man, ob verantwortungsvolle Mütter einen der Spieler als Schwiegersohn akzeptieren könnten. Durchweg gestandene Starspieler befinden sich im Aufgebot der finanzstarken Blue Jays, die als Geheimnis für deren Erfolg mehr als 50 Millionen Dollar per Jahr an Gehältern bereitstellen müssen. Ironie des Sports: Die rüpelhaften Phillies werden lukrativere Werbeverträge bekommen als die biederen Blue Jays.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen