: Keine Schweigemauer
■ Mord in Santa Fu: Rechtsausschuß wurde nur dürftig informiert
Nach außen sicher, aber mit einem „besorgniserregenden Binnenklima“, so stellte der neue parteilose Justizsenator Klaus Hardraht gestern abend vor dem Rechtsausschuß der Bürgerschaft die Situation in der Hamburger Strafanstalt Santa Fu dar. Anlaß der Sonder-Ausschußsitzung: Die Ermordung des Strafgefangenen Dieter J. vor 14 Tagen.
Sollten die Abgeordneten jedoch neue Erkenntnisse von der Befragung erwartet haben, wurden sie herbe enttäuscht. Die Staatsanwaltschaft wahrte weiterhin ihre fast vollständige Informationssperre. Bestätigt wurde nur, daß J. vor dem Zelleneinschluß und in seiner Zelle ermordet worden ist. Für alle weiteren Auskünfte sei es nach der zweiwöchigen Ermittlung zu früh. „Ein Täter sei bislang nicht überführt“, so wehrte der ermittelnde Oberstaatsanwalt alle weiteren Nachfragen der Abgeordneten ab. Allerdings ließ die Staatsanwaltschaft durchblicken, daß die Ermittlungen nicht – wie bei vergleichbaren Fällen in früheren Jahren üblich – durch eine „Mauer des Schweigens der Gefangenen“ behindert werde. Feststellbar sei statt dessen eine „Ich könnte der Nächste sein“-Stimmung.
Senator Hardraht trat insbesondere gegen die Horrorszenarien an, in Santa Fu herrsche Chaos. Nur drei Ausbrüche seit 1988 und zehn Verfahren wegen Körperverletzung in 1993 belegen nach seiner Ansicht deutlich, daß die Anstalt nach innen und außen sicher sei. Dennoch wolle er nicht verschweigen, daß er das Binnenklima in der Anstalt für „besorgniserregend“ halte.
Hardraht hofft jedoch, daß die Untersuchungskommission ihm Erkenntnisse über die realen Gefährdungspotentiale für die Insassen und Bediensteten verschaffen kann. Mit Seitenhieb auf die CDU wies er jedoch darauf hin, daß man nicht einfach an der „Schraube der Repression“ drehen könne. „Dies könnte verheerende Auswirkungen haben“. Sannah Koch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen