Keine Ruhe im Iran: Neue Proteste gegen Ahmadinedschad
Während die Staatsführung mit viel Pomp den 30. Jahrestag der Erstürmung der US-Botschaft feiert, gehen wieder tausende Demonstranten gegen Ahmadinedschad auf die Straße.
TEHERAN dpa | Bei Protesten gegen Irans Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad ist es am Mittwoch in Teheran zu Zusammenstößen von Oppositionellen mit der Polizei gekommen. Demonstranten riefen laut Augenzeugen "Tod dem Diktator", Beamte setzten Tränengas ein. Die Polizei habe auch auf Demonstranten geschossen, berichteten einige der Reformbewegung im Iran nahestehende Internetseiten. Teilnehmer konnten zunächst nur Schüsse in die Luft bestätigen. Mehrere Menschen sollen festgenommen worden sein.
Nach der umstrittenen Wiederwahl von Ahmadinedschad im Juni war es immer wieder zu gewalttätigen Massenprotesten gekommen. Die letzte größere Demonstration fand Mitte September statt. Am Mittwoch wurden auch Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi, der in der Wahl gegen Ahmadinedschad unterlegen war, Parlamentssprecher Mehdi Karrubi und Ex-Präsident Mohammed Chatami zu den Demonstrationen erwartet.
Die Zusammenstöße entwickelten sich am Rande der offiziellen Feiern zum 30. Jahrestag der Erstürmung der US-Botschaft in Teheran. In der Innenstadt waren viele Sicherheitsbeamte im Einsatz. Anhänger des Präsidenten unterstützten als Bürgerwehr die staatlichen Einsatzkräfte. Ausländische Reporter durften ausschließlich über die staatlichen Feiern berichten.
Die Opposition rechnete mit mindestens zehntausend Demonstranten. Mehrere hundert versammelten sich zunächst in der Nähe der staatlichen Feier vor der früheren US-Botschaft. Nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Irna waren es nur rund 200 Teilnehmer, Augenzeugen sprachen von mindestens 1.000.
Bei den Protesten um die Wiederwahl Ahmadinedschads im Sommer waren rund 4.000 Menschen festgenommen worden. Knapp 100 von ihnen sind weiter in Haft, drei wurden zum Tode verurteilt. Verschiedenen Schätzungen zufolge wurden bei den Demonstrationen zwischen 30 und 80 Menschen getötet, eine offizielle Bestätigung gab es nie.
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