: »Keine Rehabilitierung«
■ Charité: Verfahrensfehler berühren nicht den Vorwurf der Stasi-Mitarbeit
Berlin. Der Dekan des Ostberliner Universitätsklinikums Charité, Harald Mau, hat dem Eindruck widersprochen, Stasi-Mitarbeiter aus der Charité seien durch Arbeitsgerichte »rehabilitiert« worden. Soweit die wegen Stasi-Tätigkeit fristlos gekündigten Charité-Beschäftigten vor Gericht recht erhielten, bezogen sich diese Urteile auf vorausgegangene Verfahrensfehler, sagte Mau gestern. Der Kern der Kündigungen, der Vorwurf der »Stasi-Mitarbeit«, sei bisher noch in keinem Verfahren einer Prüfung unterzogen worden, betonte Mau. Nach Maus Angaben haben Arbeitsgerichte bisher in sechs Fällen festgestellt, daß nicht die Senatsverwaltung für Wissenschaft, sondern die Humboldt-Universität die Kündigung hätte aussprechen müssen. Diese Kündigungen seien von der Hochschule nachgeholt worden. In einem weiteren Fall, dem des Charité-Anästhesisten Erich Friis, hätte laut Gericht nicht »gekündigt«, sondern »abberufen« werden müssen. Insgesamt wurde bisher von der Charité beziehungsweise der Hochschule 62 ehemaligen hauptamtlichen Mitarbeitern der DDR- Staatssicherheit, die meisten von ihnen im technischen Bereich, sowie 17 leitenden Ärzten gekündigt.
Von jenen aus den 62, die gegen die Entlassung klagen, hätten sechs erreicht, daß der fristlosen Kündigung nicht stattgegeben wurde. Von diesen sechs habe einer in der Zwischenzeit eine neue Stelle gefunden, viermal wurde eine fristgerechte Kündigung ausgesprochen, einer verlange eine Ablösesumme von 24 Monatsgehältern, sagte Mau. Sofern die fristlose Kündigung in eine fristgerechte umgewandelt werden mußte, habe die Humboldt-Universität laut Gesetz zwischen drei und sechs Monatsgehältern nachzahlen müssen. Das sei keine »Belohnung« der Charité für ehemalige Stasi- Hauptamtliche oder Informelle Mitarbeiter, hob Mau hervor. Von den 17 gekündigten Chefärzten (Hochschullehrern) klagen neun. Arbeitsgerichte hätten bei zwei von ihnen die Rechtmäßigkeit der Kündigung durch die Senatswissenschaftsverwaltung bestritten.
Es seien außergerichtliche Vergleiche geschlossen worden. In zwei weiteren Verfahren habe das Gericht dem Kündigungsbegehren der Hochschule nicht stattgegeben. Betroffen davon ist Wolfgang Münster, Chef der Radiologie der Charité. Mau verstehe diesen Urteilsspruch nicht so, daß Münster ohne weiteres an seinen Arbeitsplatz zurückkehren könne. dpa
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