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„Keine Kostenbeteiligung bei Therapie“

■ Psychologenverband und Gesundheitsbehörde gegen Seehofer-Psychotherapiegesetz

„Es gibt keinen Grund für eine Ungleichbehandlung von seelisch und physisch Kranken.“ Diese Auffassung hat die Bremer Gesundheitsbehörde. Zumindest betont das Uwe Wischer, derzeit Sprecher von Gesundheitssenatorin Irmgard Gaertner, wenn er nach dem Kabinettsentwurf des Psychotherapeutengesetzes befragt wird. „Gesundheitspolitisch unerträglich“ kommentiert er das Vorhaben der Bundesregierung, PatientInnen ein Viertel der Therapiekosten aufzubürden.

Am 24. September sollen sich die Länder im Bundesrat auf eine Stellungnahme zum geplanten Psychotherapeutengesetz einigen. Mit diesem Gesetz werden erstmals Begriff und Ausbildung des „Psychotherapeuten“ gesetzlich geregelt. Gleichzeitig sollen, im Geist der Seehofer'schen Gesundheitssparpläne, die Kosten bei den Krankenkassen erheblich gesenkt werden.

Würde der Kabinettsvorschlag Gesetz, müßten PatientInnen für ihre Analyse bei durchschnittlich zwei bis drei Sitzungen pro Woche rund dreihundert Mark monatlich dazuzahlen, bei weniger hochfrequenten Therapieformen immerhin noch hundert Mark. „Davon sind vor allem Menschen aus den einkommensschwächeren Bereichen betroffen“, betont Gert Schöfer, der Referent für Psychiatrie in der Gesundheitsbehörde. Er sieht hinter dem Gesetzentwurf zwei Tricks zur Kostensenkung von Bundesgesundheitsminister Seehofer: Mit der Kostenbeteiligung werde ein Präzedenzfall geschaffen, der später auf andere Fälle übertragen wird. „Als nächstes sind dann die Magenkranken dran“, meint er.

Der zweite Trick zur Kosteneinsparung sei die geplante Senkung des Gesamtbudgets für Psychotherapie: Der entsprechende Etat bei den Krankenkassen soll fast halbiert werden — auf anteilmäßig 1,25 Prozent der Gesamtkosten für ambulante Leistungen.

Dadurch könnten sich zum Beispiel die Stundenhonorare für TherapeutInnen verringern. „Das könnte dazu führen, daß die Therapeuten auf mehr Selbstbeteiligung drängen oder beschließen, für diesen Lohn nicht mehr arbeiten zu wollen“, so die Befürchtung von Hans Nadolny, einem Vertreter vom Berufsverband deutscher Psychologen (BDP) in Bremen. Unter Umständen bewirke dies einen Abbau an Therapieplätzen.

Wie denn die Versorgung mit Therapieplätzen in Bremen insgesamt aussieht, kann niemand so recht beantworten. „Es gibt wenig handfeste Zahlen, um überhaupt den Bedarf einschätzen zu können“, erklärt Referent Schöfer. Die Aussagen seien oft interessengebunden: „Die Ärzte sagen, daß das Angebot reicht, die Psychologen reden dagegen von starker Unterversorgung.“ Insgesamt, so urteilt Schöfer, herrsche in Bremen und anderen größeren Städten eine relative Überversorgung im Vergleich zu ländlichen Gebieten. Diese Ungleichverteilung ist auch der Grund für eine Forderung der SPD-regierten Länder an die Gesetzesregelung: Die Praxiszulassung von TherapeutInnen solle bedarfsgebunden vergeben werden, ähnlich wie bei der Niederlassung von ÄrztInnen.

Begrüßt wird von fast allen Seiten die gesetzliche Definition des Begriffs „Psychotherapeut“. Künftig soll sich nur derjenige „Psychologischer Psychotherapeut“ nennen dürfen, der eine Ausbildung in Psychoanalyse, tiefenpsychologischer oder Verhaltenstherapie hat. Dadurch sollen die PatientInnen „vor Scharlatanerie geschützt“ werden, erläutert Hans Nadolny vom BDP, „damit sich nicht jeder Bauchtänzer Therapeut nennen darf.“

Schwierig werden es deshalb künftig PatientInnen haben, die Therapieformen wie Gestalt- oder Körpertherapien abrechnen wollen. Das Gesetz fordert den „wissenschaftlichen Nachweis“ über die Wirksamkeit der Therapien — und der steht für viele noch aus. Übergangsregelungen sind allerdings vorgesehen.

Nach Einschätzung der Bremer Gesundheitsbehörde hat die Kostenbeteiligung wenig Chancen. Denn da sind sich die SPD- (mit-)regierten Länder einig, und noch haben diese „A-Länder“ die Mehrheit im Bundesrat. Fromut Pott

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