■ Mit dem globalen Handel auf du und du: Keine Frauenbefreiung
Die klassische Volkswirtschaftslehre behauptet, der globale Handel beseitige die Armut und sei gleichzeitig ein Instrument der Frauenbefreiung. Denn Frauen gelten als Arbeitsplatzgewinnerinnen beim grenzlosen und zollfreien Handel. Tatsächlich stellen sie seit den siebziger Jahren fast 80 Prozent der Beschäftigten in den Freihandelszonen des Südens. Die Bevorzugung der billigen weiblichen Arbeitskräfte in der Textil-, Elektronik- und Blumenproduktion wiederholt sich im Dienstleistungssektor: In Jamaika, Indien und China geben mehrheitlich Frauen die Daten von Banken und Fluggesellschaften aus aller Welt in die Computer ein. Doch der Preis ist hoch: Die Arbeitsbedingungen sind hart, die Löhne miserabel. Und mehr industrielle Technik macht Frauenhände schon wieder überflüssig.
Derweil argumentieren jedoch die orthodoxen Ökonomen, daß jede Weltregion ihre Chance auf dem Weltmarkt habe. Der Trumpf des Nordens sei das Kapital, Süd- und Ostasien könnten mit einem relativ hohen Bildungsniveau der Arbeitskräfte aufwarten, Afrika südlich der Sahara besitze Land als wichtigstes Potential. Wenn Frauen Zugang zu diesen Ressourcen bekämen, dann – so die reine Lehre – könnten auch sie den freien Handel nutzen.
Afrikanische Bäuerinnen erleben jedoch zunächst einmal, daß die Exportproduktion ihr Land ökologisch zerstört und ihre Produktionsform verdrängt, die auf Eigenbedarf sowie nahe gelegene Märkte gerichtet ist. Weder die Frauen noch ihre Länder werden durch den weltumspannenden Handel befreit. Er basiert auf Abhängigkeit und Ungleichheit und schafft sie gleichzeitig neu. Christa Wichterich
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